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eine Fan-Fiction-Story aus der Welt der Harry-Potter-Serie
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© 2000, 2001, 2002 by Thorsten Oberbossel

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vorige Story

P R O L O G

Julius Andrews und seine Eltern gingen davon aus, daß sie alle normal seien, nichts besonderes oder gar völlig fremdes. Als Julius jedoch kurz nach seinem elften Geburtstag erfährt, daß er ein Zauberer sei und von nun an das Zauberinternat Hogwarts besuchen solle, ist nichts mehr so wie früher. Zwar wollten seine Eltern, vor allem sein Vater, daß er auf keinen Fall zaubern lerne, doch durch Julius' Fähigkeit, einen Hexenbesen zu fliegen, mußten sie einsehen, daß Hogwarts besser sei.

Auf der Fahrt nach Hogwarts erfährt er von der Flucht eines Askaban-Häftlings und lernt die schauerlichen Dementoren kennen. Doch dann endlich gelangt er in den großen Saal von Hogwarts, wo ihn der sprechende Hut ins Haus Ravenclaw schickt, wo er zusammen mit dem Besenflugbegeisterten Kevin Malone und der blondgelockten Gloria Porter wohnt. Gloria versucht, Julius zu helfen, den Übergang von der Muggelwelt in die Zaubererwelt zu schaffen. Peinlich ist ihm, daß er offenbar übergroße Grundkräfte besitzt, die von den Lehrern Dumbledore, Flitwick und McGonagall als "Ruster-Simonowsky-Phänomen" bezeichnet werden und anzeigen, daß seine Eltern irgendwann je einen vollwertigen Zauberer in den Ahnenlinien haben mußten.

Die erste Besenflugstunde bringt Julius eine Empfehlung als Reservespieler der Quidditch-Hausmannschaft von Ravenclaw ein.

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In der zweiten Woche in Hogwarts schaffte es Julius Andrews, seine überschüssigen Zauberkräfte zu bändigen und nur die Resultate zu erzielen, die verlangt wurden. Professor McGonagall gab ihm einmal 5 Punkte, weil er eine Frage zu Größenveränderungen aus dem Lehrbuch auswendig zitierte und auf Anfrage eine kurze Demonstration geben konnte. In Kräuterkunde heimste er 20 Punkte für Ravenclaw ein, wobei das Slytherin-Mädchen, welches ihm die Speerstecherbeere vor die Füße geworfen hatte, einmal protestierte, wofür es zwei Punkte abgezogen bekam. Gloria holte in diesem Fach 10 Punkte, weil sie die Jahreszeiten für die ertragreichsten Ernten von Nebelpilzen angeben konnte. In Astronomie genierte sich Julius nicht mehr, sein Wissen preiszugeben, solange es auf reine Teleskopbeobachtungen gestützt werden konnte. Für eine Aufzählung der größten Mondkrater erhielt er 10 Punkte, für die Berechnung der Sonnenaufgangszeiten anhand der nördlichen Sternenkarte gab es sogar 20. In Zaubertränke kam er ohne Punktgewinn oder -verlust hin. Auch die Hollingsworth-Schwestern bekamen diesmal keinen Ärger, was wohl daran lag, daß Julius und Gloria in der Bibliothek alte Prüfungsaufgaben einsehen konnten, in denen Snapes heftigste Erstklässlertränke erwähnt wurden. Ausgehend von der Hinterhältigkeit des Lehrers mit der Hakennase, nahmen Gloria und Julius an, daß einer der Tränke schon in den nächsten Stunden auf sie zukommen konnte. Damit lagen sie richtig. Der Flugunterricht war interessanter, weil Figuren in allen drei Dimensionen geflogen wurden. Verteidigung gegen die dunklen Künste war bei allen beliebt, da sie bei Professor Lupin interessante Geschichten über Zombies, Guhle und Wichtel hörten und sogar einen Irrwicht erleben durften, den sie mit einem Riddiculus-Zauber zwingen konnten, die lächerlichsten Verwandlungen zu vollziehen, nachdem sie erst versuchten, jeden, der es mit ihnen aufnahm zu ängstigen. Julius schaffte es, die Erscheinung einer monsterhaften Wespe im ersten Ansatz in ein Knäuel aus Klebeband einzuwickeln, was dem menschengroßen Ungeheuer eine höchst lächerliche Bewegungsweise aufzwang, bevor jemand anderer sich dem Irrwicht stellte. Lupin vergab dafür jedoch keine Punkte, da ihm bekannt gemacht worden war, daß er bereits eine Konfrontation mit einem solchen Wesen gemeistert hatte. In Geschichte der Zauberei kassierte er einen 5-Punkte-Abzug, weil er behauptet hatte, daß ein Koboldaufstand, der 400 Jahre her sei, wohl kaum für die heutige Zaubererwelt interessant sei, da sich keine Gesetzesänderungen oder sozialen Auswirkungen daraus ergeben hätten. Gloria hielt es für ihre Aufgabe, ihm nach der Stunde das Gegenteil zu verdeutlichen.

"Du kannst doch nicht behaupten, daß ein Koboldaufstand nicht wichtig genug für die heutige Zaubererwelt sei. Immerhin wurden die Geschäftsbedingungen für Gringotts und der Status der Kobolde in der Zaubererwelt auf Grund dieses Aufstandes mit einem größeren bürokratischen Sicherheitsaufwand bedacht."

"Gloria, es interessiert mich nicht, was vor hunderten von Jahren welche Fabelwesen angestellt haben. Damit kann ich in der Welt meiner Eltern bei Verwandtenbesuchen und Freizeitdiskussionen keinen Blumentopf gewinnen. Fehlt noch, daß Binns uns erzählt, daß die sogenannten Hexen, die im Mittelalter verbrannt wurden, von echten Zauberern verraten wurden", gab Julius empört zurück.

"Hast du soviele Verwandte, die sich für Mugggelpolitik interessieren?"

"Politik und Geschichte zählt bei uns, ähm, bei den Muggeln zur Allgemeinbildung, da wir durch Fernsehen und Zeitungen ständig neue Sachen erfahren."

"Höre ich da heraus, daß du dich hier hinterm Mond zu sein glaubst?" Forschte Gloria nach.

"Kuck mal, Gloria! Es könnte in der Zeit, die ich schon hier bin, ein ganz anderer Premierminister die Regierung übernommen haben. Was die aktuelle Raumfahrt angeht, sehe ich es kommen, daß ich mich vor meinen besten Freunden blamiere, wenn die mir was erzählen können, ohne daß ich erkenne, was wahr ist oder erfunden. Überhaupt werde ich technisch völlig hinterherhinken."

"Glaubst du, daß es in der Zaubererwelt Computer gibt oder die Notwendigkeit besteht, Raketen in den Weltraum zu schießen?"

"Nein, Gloria, du erkennst das irgendwie nicht. Es geht mir nicht darum, ob ich das Wissen brauche, weil ich damit arbeiten muß, sondern weil ich mitreden können muß. Das geht doch schon mit Fußball los. Ich habe überhaupt keine Ergebnisse der ersten Liga mitbekommen. Wenn ich in die Ferien fahre, stehe ich völlig belämmert da."

"Aha, du willst nicht auffallen. Das ist es wieder. Hier willst du nicht übertrieben gut aussehen, und für deine Muggelfreunde möchtest du nicht der letzte Idiot sein. Ist dir das mit diesem langweiligen Bodensport, wo nur ein Ball benutzt wird, so wichtig?"

"Wenn ich weiterhin mit meinen Freunden reden will, ohne etwas sagen zu können, schon", meinte Julius. "Wärest du ein Muggel, kämst du ziemlich in die Bredullie, wenn du eine Woche lang nicht mitkriegtest, welche Band gerade angesagt ist oder welcher Modetrend."

"Ich bin nicht in der Bredullie. Hecate Leviata hat in der letzten Woche den ersten Platz im allwöchentlichen Hexengesangswettbewerb gewonnen. Und als neuer Zauberschmuck sind Stimmungsringe mit Farbwechselwirkung gerade schwer angesagt. Guck mal, hier habe ich so einen", erwiderte Gloria und präsentierte einen schmalen Ring, der so aussah, als bestehe er aus einem durchsichtigen Kunststoff, in dem eine art Leuchtgas eingeschlossen war. Julius nahm den Ring kurz und steckte ihn sich auf den kleinen Finger. Sofort flimmerte der Ring dunkelviolett.

"Siehst du. Du bist gerade unausgeglichen und angespannt", erklärte Gloria, die die Veränderung des Ringes beobachtet hatte. Sie nahm ihn wieder an sich und steckte ihn an ihren Ringfinger. Er verfärbte sich orangerot.

"Du regst mich auf. Das zeigt der Ring. Verärgerung und Frustration."

"Du brauchst dich ja nicht mit mir anzulegen", erwiderte Julius frech.

Am Samstagmorgen kam die erste Eulenpost für Julius. Die schuleigene Waldohreule brachte einen Briefumschlag von Zuhause. Auf normalem Papier hatte sein Vater einen Computerausdruck angefertigt, der lautete:

Hallo, Julius!

Auch wenn ich nicht weiß, ob dieser Vogel tatsächlich zu dir zurückfliegt, schreibe ich dir, daß ich zumindest froh bin, deine Handschrift erkannt zu haben. Lasse dich nicht blenden! Sie zeigen dir bestimmt nur soviel Aufmerksamkeit und loben dich über den grünen Klee, weil sie dich manipulieren wollen.

Schicke uns deinen Stundenplan, damit wir überprüfen können, ob die angebotenen Unterrichtsthemen dir auf deinem Weg helfen. Schreibe uns auch, wie wir deinen Hauslehrer und den Schuldirektor erreichen können, wenn wir kein solches Hexenvieh zur Hand haben!

Halt dich wacker!

Dein Vater und deine Mutter

Crabbe vom Slytherin-Tisch sah das glatte weiße Papier in Julius' Hand und kam ungefragt herüber.

"Was is'n das?" Grummelte er und langte nach dem Blatt Papier. Julius zog es schnell weg, so daß Crabbe mit seiner übergroßen Pranke ins Leere griff.

"Nicht anfassen, Crabbe! Sonst fängst du dir noch eine typische Schlammblutkrankheit ein!" Stieß Julius aus und sah dem ungewöhnlich großen Drittklässler direkt in die Augen. Dieser schrak zurück, guckte verdutzt und verzog sich wieder an den Tisch der Slytherins.

Julius war etwas irritiert, als er die empörten Gesichter seiner Tisch- und Hausgenossen sah.

"Darf ich fragen, wer dich mit diesem Unwort bezeichnet hat?" Wollte Penelope Clearwater wissen und rümpfte die Nase.

"Keiner aus Fleisch und Blut", meinte Julius. "Grüngekleidete Spieler auf Mannschaftsbildern in Madame Hoochs Byro. Ich dachte mir schon, daß dieses Wort eine Beleidigung für Meinesgleichen ist, die keine Zauberereltern haben", erwiderte Julius und sah so aus, als habe er ein Versuchserggebnis erhalten, das er erwartet hatte.

"Wieso haben dich gemalte Quidditchspieler von alten Slytherin-Mannschaften so genannt?" Wollte Dustin wissen, der um seine Fassung rang.

"Weil ich gesagt habe, daß Quidditch doch an sich langweilig ist", erwiderte Julius.

"Mal abgesehen davon, daß das absoluter Blödsinn ist, hat keiner das Recht, dieses Unwort zu benutzen", warf Penelope ein und sah zu einem Mädchen hinüber, das wohl etwas befremdlich zu Julius herübergesehen hatte, als er seine Behauptung von vor einer Woche am Tisch äußerte.

"Cho, hat er recht, unser Neuzugang?"

"Nein, natürlich nicht, Penelope", erwiderte das Mädchen, daß wohl in der vierten Klasse oder höher sein mußte.

"Also, wenn du an diesem Tisch keinen Streit mit der Hausmannschaft kriegen willst, Julius, würde ich nie wieder behaupten, daß Quidditch langweilig sei", riet ihm Dustin und mußte sich ein amüsiertes Grinsen verkneifen.

"Es ist doch immer dasselbe. Wenn jemand in eine neue Umgebung kommt oder eine andere Sprache lernt, nimmt er als erstes die Schimpfwörter auf", wetterte Gloria. Dann meinte sie zu Julius im Flüsterton:

"Auf jeden Fall hast du den Kraftprotz heftig an die Wand gedrückt. Der wußte nicht, was er tun oder sagen sollte, weil du dich so ausgedrückt hast. Aber ich möchte dich doch bitten, dich selbst nicht mit den schlimmsten Beleidigungen zu bezeichnen, die die Zaubererwelt kennt. Nachher glauben alle, es sei in Ordnung, dich so anzureden."

"Was ist das eigentlich für eine Schrift, die da auf diesem glatten Zeug steht, Julius?" Fragte Dustin neugierig, weil er wohl noch keinen Computerausdruck gesehen hatte.

"Das ist ein Computerausdruck. Das wird von einer Maschine geschrieben, in die vorher eingespeichert wurde, was sie zu schreiben hat", klärte Julius den Sitznachbarn aus der sechsten Klasse auf.

"Eine Maschine? Hat keiner deiner Eltern es nötig, einen persönlichen Brief mit der eigenen Hand zu schreiben? Oder können die das nicht?"

"Doch, können sie schon. Aber vielleicht wollten meine Eltern sicherstellen, daß der Brief nicht verlorengeht. Wenn der nicht angekommen wäre, hätten sie mir noch mal denselben geschickt, weil die Zeilen ja in einem Speicher abgelegt sind und jederzeit gedruckt werden können", erwiderte Julius ruhig.

"Und was soll der Humbug, ob dir die angebotenen Stunden was bringen?" Fragte Dustin noch, der wohl mitgelesen hatte.

"Ganz einfach, Dustin. Mein Vater arbeitet für sein Geld. Solange ich nicht volljährig bin, muß er meine Ausbildung und meine Freizeitbeschäftigungen bezahlen. Deshalb will er wissen, wofür er das Geld ausgibt", erwiderte Julius ironisch klingend.

"Du hast ihm nicht erzählt, daß du der beste Neueinsteiger der ersten Woche in Ravenclaw bist?" Meinte Gloria, die ebenfalls überflogen hatte, was auf dem Computerausdruck stand.

"Du warst doch dabei, wie ich meinen ersten Brief abgeschickt habe, Gloria", entgegnete Julius etwas gereizt. "Das war nach dem ersten Schultag."

"Stimmt. OK, Julius. Vielleicht sollte man ihm einen Heuler zurückschicken, was ihm denn einfiele, die guten Leistungen von dir als Beeinflussungsversuch zu zerreden", gab Gloria gehässig klingend von sich. Julius dachte kurz nach und erwiderte:

"Ich fürchte, dann kriegten wir Ärger. Die Person, die meine Eltern und mich besucht hat, um uns von Hogwarts zu erzählen, sagte was von Geheimhaltung der Zauberei vor Muggeln. Nachdem, was Dustin und Kevin über Heuler erzählt haben, würde die ganze Nachbarschaft mitkriegen, daß irgendwas komisches passiert. Und wir haben echte Tratschtanten in unserer Nachbarschaft. Wenn ich's nicht mittlerweile besser wüßte, würde ich die als Hexen bezeichnen."

Ein Uhu schwebte über Gloria herunter und landete auf ihrer Stuhllehne. Der große Eulenvogel trug ein großes Paket in seinen Fängen. Gloria tätschelte kurz den weichgefiederten Rücken des großen Tieres und nahm das Paket vorsichtig an sich. Sie spähte kurz zu den anderen Tischen hinüber, ob dort jemand herübersah, dann nahm sie einen Umschlag, der an der rechten Seite des Paketes befestigt war. Sie zog daraus eine Pergamentseite heraus und schmunzelte. Dann gab sie dem Uhu ein Stück rohen Schinken mit etwas Toastbrot und sah zu, wie er davonflog.

Gloria verstaute das Paket unter ihrem Stuhl und aß ihr Frühstück auf. Dann sagte sie:

"Ich habe mein neues Schachspiel bekommen, daß meine Eltern besorgt haben. Hat jemand Lust, das mit mir auszuprobieren?"

"Au ja", erwiderte Kevin Malone. Julius dachte kurz nach und antwortete:

"Interesse habe ich schon. Ich wollte aber erst zu Professor Flitwick und ihn fragen, wie mein Vater ihn erreichen kann. Der wird nachher noch auf die Idee kommen, die Polizei zu rufen, weil ich ihm nicht geantwortet habe."

"Oh, das würde lustig werden", grinste Dustin. "Ich habe mal davon gehört, daß ein Muggel eine Nachbarin von uns, auch eine Hexe, wegen Umweltverschmutzung angezeigt hat, weil aus ihrem Kamin grüner Qualm gekommen war. Das Zaubereiministerium erfuhr irgendwie davon und schickte eine schnelle Eingreiftruppe zu dem Mann, die das Gedächtnis korrigierte, so daß der Mann nur gewöhnlichen Rauch gesehen hatte. Der Typ war völlig durcheinander, als ihm die Muggelordnungshüter auf die Bude rückten, und er nicht mehr wußte, was sie wollten. Die betroffene Hexe mußte 25 Galleonen Strafe wegen fahrlässiger Auffälligkeit hinlegen, aber sonst nichts."

"Und woher weißt du das?" Wollte Julius wissen, der dachte, der ältere Schüler mache sich einen Jux mit ihm.

"Mein Vater arbeitet im Zaubereiministerium, Abteilung für die Bewahrung der Geheimhaltung der Zauberei vor Muggeln", sagte Dustin ruhig.

"Soso, und dann plaudert der aus, was Leute so anstellen", stellte Julius fest.

"Nur die Kleinigkeiten. Die richtigen Hammerfälle kriegen wir nicht mit."

"Alles klar, Dustin", versetzte Julius gelangweilt.

Gloria und Kevin begaben sich in den RavenClaw-Gemeinschaftsraum, während Julius Professor Flitwick aufsuchte.

"Entschuldigen Sie die Störung, Professor! Es ist nur so, daß mein Vater wissen will, wie er mit Ihnen oder der Schulleitung Kontakt halten kann, um über meine Ausbildung auf dem laufenden zu bleiben. Was darf ich ihm schreiben?"

"Was möchte er. - Achso. Nun geben Sie mir bitte den Brief. - Hmm, das ist eine Maschinenschrift. Sind Sie sicher, daß die von Ihrem Vater stammt?"

"Hundertprozentig. Ich kenne den Drucker, von dem das hier ausgedruckt wurde", erwiderte Julius und sah den skeptischen Blick des Lehrers.

"Nun, ich möchte lediglich sicherstellen, daß ich nicht mit einem dieser seelenlosen Muggelapparate in Verbindung stehe. Wenn Ihr Vater darauf besteht, regelmäßig von uns zu hören, senden Sie ihm bitte eine Botschaft, daß wir gerne alle zwei Wochen einen kurzen Bericht über Ihre Fortschritte zusenden werden. Allerdings sollte er uns auf halbem Weg entgegenkommen und uns auf dem Rückweg mitteilen, wie er Ihre weitere Ausbildung finanzieren möchte. Ich habe erfahren, daß Ihre Eltern nicht bereit waren, Ihre Einschulung und Grundausstattung zu bezahlen."

"Wenn es nach ihm ginge, würde er darauf warten, daß Sie mich aus Hogwarts entlassen, weil niemand für mich bezahlt. Dann könnte er mich doch in ein normales Internat schicken." Als Julius den leicht verärgerten Gesichtsausdruck von Professor Flitwick bemerkte, fügte er noch hinzu: "Normal für Muggel, natürlich."

"Da ich davon ausgehe, daß dieser Brief nicht allzu privat ist, haben Sie wohl nichts dagegen, daß ich ihn behalte und persönlich beantworte?"

"Wenn dies eine offizielle Anweisung ist, befolge ich sie natürlich, Herr Professor", entgegnete Julius und legte den Computerausdruck hin.

"Der erste Satz dieses Schreibens ist etwas merkwürdig. Fühlen Sie sich von uns in irgendeiner Weise bevorzugt oder besonders gelobt?"

"Nicht, daß ich wüßte. Abgesehen von den ersten 20 Punkten, die Professor McGonagall mir und Ravenclaw in der ersten Verwandlungsstunde zugeteilt hat, habe ich eigentlich das Gefühl, mir jeden weiteren Punkt verdient zu haben. Vielleicht waren manche Punktzahlen höher, als üblich, aber wenn Ihre Kollegen denken, daß Ravenclaw diese Punkte verdient hat, warum nicht. Ich kriege die Punkte ja nicht persönlich."

"Eben, das verstehe ich an diesem Brief nicht. Aber lassen wir das. Ich werde womöglich Professor McGonagall hinzuziehen. Sie kennt Ihre Eltern und wird bestimmt eine im Rahmen sachlicher Argumente mögliche Antwort geben können."

"Ich wollte Ihre Zeit nicht damit vergeuden, sich besonders um mich zu kümmern, Professor Flitwick. Es ging nur darum, von Ihnen zu hören, was ich meinem Vater schreiben soll."

"Richtig, und darauf habe ich geantwortet. Überlassen Sie mir bitte den Brief und damit die Notwendigkeit, zu antworten. Ihr Vater erwartet eine regelmäßige Berichterstattung. Das ist sein gutes Recht. Jede Zaubererfamilie hat dieses Recht. Und nichtmagische Eltern zeigen immer eine gewisse Irritation, wenn ihre Kinder bei uns eingeschult werden. Ihre Eltern sind also keine Ausnahme. Also machen Sie sich keine Sorgen. Wir haben Sekretäre und Sekretärinnen für solche Angelegenheiten. Meine kostbare Zeit wird dadurch nicht beansprucht."

"In Ordnung, Professor Flitwick", erwiderte Julius kleinlaut und verabschiedete sich.

Auf dem Weg zum Eingang von Ravenclaw lief er Professor McGonagall über den Weg und schaffte es nicht mehr rechtzeitig, ihr auszuweichen.

"Guten Morgen, Mr. Andrews", grüßte sie ihn höflich, aber streng klingend.

"Guten Morgen, Professor McGonagall", erwiderte Julius höflich.

"Ich hoffe, Sie haben sich gut eingelebt und sehen Ihrer Ausbildung nun mit weniger Skepsis entgegen", sagte die Verwandlungslehrerin.

"Das ist richtig", erwiderte Julius kurz angebunden.

"Dann wünsche ich Ihnen ein schönes Wochenende."

Julius passierte ohne Probleme das Gemälde von Bruce, dem Hirten und seiner Kuh Maggy. Im Gemeinschaftsraum sah er, wie Gloria gerade ein ein mal ein Meter großes Schachbrett auf einem der Tische aufgebaut hatte. Aus einer Art Häuschen, das neben dem Spielbrett aufgestellt worden war, marschierten gerade die Schachfiguren auf. Julius glotzte total erstaunt.

"Komm her, Julius. Steh nicht dumm rum. Hast du noch nie ein Zauberschachspiel gesehen?"

"Du willst doch da keine Antwort drauf haben, Gloria", versetzte Julius etwas bedröppelt. Dann betrachtete er die Schachfiguren genauer.

Die Springer waren richtige Ritter auf Pferden, nur verkleinert und in der Farbe weiß oder schwarz. Die Läufer waren athletische Minimenschen, genauso wie die Bauern, die jedoch Sensen oder Schubkarren mitführten. Die Türme waren hohe und breite Minimenschen mit kuppelförmigen Helmen auf den Köpfen. Der König trug eine zwölfzackige Krone, einen wallenden Mantel und ein Zepter. Die Königinnen trugen ebenfalls je eine zwölfzackige Krone, dafür jedoch ein langes Kleid und eine Schleppe, die ihnen über die Schultern fiel.

Julius dachte über seine ersten Schachpartien nach, die er bereits mit vier Jahren gespielt hatte. Seine Mutter, eine leidenschaftliche Schachspielerin, hatte ihm frühzeitig das königliche Spiel beigebracht. Er vergaß nie die Partie, bei der er seinen Vater zum erstenmal geschlagen hatte. Er war da gerade acht Jahre alt gewesen. Seitdem konnte er gegen seinen Vater immer gewinnen, wenn er es für richtig hielt. Doch gegen seine Mutter konnte er bis heute nicht gewinnen. Sie spielte wie ein Schachcomputer, der 30 oder 40 Züge im Voraus durchrechnen konnte. Julius kam die Idee, in den Jungenschlafsaal hochzulaufen, um seinen eigenen Schachcomputer zu holen. Er sah kurz auf Kevin und Gloria, die anfingen, ihre Figuren zu lenken. Dann rannte er schnell nach oben und holte aus seinem großen Koffer den kleinen elektronischen Apparat. Er kehrte damit zurück in den Gemeinschaftsraum und schaltete ihn ein. Das Gerät besaß eine Sprachausgabe, die die Züge ansagen konnte. Doch statt der Klarmeldung des elektronischen Schachspiels kam eine Ansammmlung schriller Töne heraus, dann gab es keinen Laut mehr von sich.

"Häh, mach nicht so einen Krach!" Beschwerte sich Kevin, der gerade seinem weißen Bauern auf b2 befehlen wollte, zwei Felder vorzurücken.

"Was soll denn das sein?" Fragte Gloria, die Julius' enttäuschtes Gesicht sah.

"Ein wertloses Stück Schrott", schnaubte er. "An und für sich ist das ein hochmoderner, sprechender Schachcomputer, eine Maschine, die Schach spielen kann. Aber irgendwas ist wohl kaputt."

"Oha! Hast du es schon vergessen, daß hier keine Computerdinger oder Elektronikgeräte arbeiten können? Die Luft in Hogwarts ist so mit Magie angereichert, daß solche Geräte nicht mehr arbeiten können", belehrte ihn das blondgelockte Mädchen mit den grünen Augen.

"Hmm, kann man das nicht machen, daß das Gerät wieder richtig funktioniert, indem man es bezaubert?" Wollte Julius wissen.

"Das wäre gegen das Gesetz", warf Terrence Crossley ein, der gerade durch den Einstieg zum Gemeinschaftsraum geklettert war. "Muggelartefakte dürfen nicht verzaubert und dann in Umlauf gebracht werden. Dann bekämen wir Ärger mit Arthur Weasley."

"Weasley? Achso, der Vater von den vier rothaarigen Gryffindor-Schülern", erkannte Julius.

"Richtig. Außerdem würden die Lehrer das nicht dulden, wenn hier jemand mit ekeltonischen Sachen herumzaubert. Zauberschach ist wesentlich lebendiger und spannender als so ein seelenloses Gerät."

"Das wird wohl so sein", stellte Julius fest und verabschiedete sich kurz, um seinen wertlosen Schachcomputer wieder in den Koffer zu legen. Er hoffte nur, daß sein mitgebrachter Chemiebaukasten noch funktionierte.

Als Julius Andrews wieder im Gemeinschaftsraum ankam, tobte auf dem Schachbrett ein heftiger Zweikampf zwischen einem weißen Bauern und einem schwarzen Springer.

"Gebe er sich doch endlich geschlagen!" Schrie der auf dem schwarzen Pferd sitzende Ritter den mit einem Dreschflegel auf ihn einhauenden Bauern an. Alle Zuschauer lachten. Julius verstand, was Terrence meinte.

"Wer hat denn gezogen?" Fragte er in die Runde.

"Gloria hat den Springer von f5 nach e3 geschickt. Der weiße Bauer will nicht vom Feld gehen", grinste Terrence.

Als der schwarze Springer endlich die Oberhand gewonnen und den Bauern entwaffnet hatte, trollte sich dieser vom Feld und ging durch den weißen Eingang in das Figurenhäuschen.

"Meine Königin von h2 nach e5 und schach!" Sagte Kevin an. Die weiße Königin sah ihn hochnäsig an und fragte doch glatt:

"Ist er sicher, daß er uns mit diesem Zug nicht beleidigt. Unser Opponent vermag, sich im nächsten Zug aus seiner Zwangslage zu befreien. Überlege er doch noch einmal, ob er nicht jemanden anderen ziehen möchte!"

"Ich glaub's nicht", staunte Julius.

"Königin von h2 nach e5, verdammt noch mal!!" Stieß Kevin aus und führte eine drohende Handbewegung über der weißen Königin aus.

"Unterstehe er sich, in unserer Gegenwart zu fluchen. Aber sei es. Er möge den Sieg verschenken, wie ihm danach ist!" Tönte die weiße Königin und schritt stolz auf das ihr befohlene Schachfeld.

Irgendwann nach 15 oder 16 weiteren Zügen mußte sich der weiße König geschlagen geben. Er nahm seine Krone ab, legte sie mit dem Zepter zusammen auf den Boden und verbeugte sich vor den schwarzen Figuren, die ihn mattgesetzt hatten.

"So ein widerborstiges Schachspiel habe ich noch nie gesehen", lamentierte Kevin, als alle Figuren vom Brett marschiert waren.

"Jede Figur kann erkennen, ob ein Zug mit ihr höhere Erfolgsaussichten hat oder nicht. Dann hat jede noch einen eigenen Charakter", meinte Gloria lächelnd. Dann bot sie Kevin eine Revanche an. Doch dieser hatte schon genug und meinte:

"Julius wollte doch mal ein richtiges Zauberschachspiel in Aktion testen."

"Jawohl, genau", erwiderte Julius Andrews. Gloria nickte ihm zu. Kevin stand auf und zog sich in eine Ecke des Raumes zurück, von wo aus er das Spiel verfolgen konnte.

Julius übernahm die weißen Figuren, die nach den schwarzen auf das Feld marschiert waren. Die Königin sah kurz zu ihm auf und sprach:

"Wir hoffen, daß er ein besserer Spieler ist. Niederlagen sind entwürdigend."

Darauf erwiderte die schwarze Königin:

"Glaubt ihr ernsthaft, wir ließen uns jetzt von euch besiegen?"

"G1 nach F3!" Befahl Julius und eröffnete damit die Partie. Der weiße Springer rechts vom König gab seinem Pferd die Sporen und setzte über den Bauern hinweg, der sich duckte, um dem springenden Pferd nicht unter die Hufe zu kommen. Gloria erwiderte den Springerzug mit ihrem Bauern von d7 nach D5. So ging die Partie weiter, bis die Anordnungen der Figuren keine eindeutige Überlegenheit der einen oder anderen Seite zeigte. Die geschlagenen Bauern der beiden Seiten beschimpften sich gegenseitig, während ein schwarzer Turm Drohgebärden gegen den Läufer ausführte, der ihn einfach vom Feld getrieben hatte.

Eine Stunde lief die Partie bereits, und es waren nicht mehr viele Figuren auf dem Brett. Gloria sah sehr angespannt aus, während Julius immer entspannter dreinschaute. Dann führte er den entscheidenden Zug aus. Sein letzter Turm schlug einen Springer, indem er mit Urgewalt das Pferd umwarf und dessen Reiter am Kragen packte und vom Brett trug.

"Das ist unglaublich!" Tönte der schwarze König, als er erkannte, daß er nun völlig eingekesselt war und legte seine Reichsinsignien auf den Boden.

"Jääh!" Tönten die Ravenclaws, die der Partie beigewohnt hatten. Kevin klatschte richtig in die Hände. Gloria stand auf und ignorierte den Schwall von Beschimpfungen ihrer Figuren, die noch mal aus dem schwarzen Teil des Häuschens hervorgetreten waren und die Spottrufe der siegreichen weißen Figuren.

"Wunderbar. Endlich habe ich jemanden gefunden, der das Spiel beherrscht. Wir sollten Turniere abhalten."

"Da bin ich voll dabei", erwiderte Julius Andrews. Andere Ravenclaws stimmten ebenfalls zu. Damit war neben den Hausaufgaben eine weitere Möglichkeit entstanden, keine Langeweile aufkommen zu lassen. Hinzu kamen noch die Musiker des Hauses, zu denen sowohl Gloria Porter, als auch Kevin Malone zählten. Daneben betrieben alle Schüler irgendwelche Laufsportarten, einige spielten sogar Fußball, wobei sie einen großen blauen Ball benutzten. Julius fand durch Dean Tomas, einem Drittklässler der Gryffindors heraus, wie man sich Zugang zu den aktuellen Fußballergebnissen verschaffen konnte. Denn es war ein wöchentlicher Eulendienst eingerichtet worden, der Hogwarts mit London verband und jeden Samstag Abend eine Kopie der Spielergebnisse aller britischen Ligen einflog und über die Häuser verteilte. Julius abonierte den Muggelsportkurier ebenfalls, auch wenn er nicht wußte, wie er mit dem Rest des Geldes auskommen sollte, daß er noch besaß. Sicher, 10 Knuts die Wochenausgabe war nicht gerade zu teuer. Er hatte errechnet, daß er für ein Jahresabonement 13 Sickel und 23 Knuts ausgeben mußte. Da er noch sieben Galleonen besaß, war es ihm die Sache wert, wenn er damit bei Unterhaltungen mit Lester, Malcolm und den anderen Jungen aus der alten Bubblegum-Bande eine gute Figur machen konnte.

In der dritten Schulwoche kam wieder Eulenpost von seinen Eltern. Sein Vater schrieb, daß er von Professor Flitwick erfahren habe, daß Julius sich sehr gut in Hogwarts eingelebt und bereits große Fortschritte gemacht hatte. Allerdings wolle er nicht anerkennen, weshalb Geschichte der Zauberei und Besenflug für seine Ausbildung wichtig sei. Julius' Vater beschwerte sich darüber, daß sein Sohn keine Standardwissenschaften außer Astronomie unterrichtet bekam. Julius antwortete per Schuleule:

Hallo, Paps!

Die Lehrer sind hier der Ansicht, daß die Technikwissenschaften für meinen Werdegang unerheblich seien, da ich durch die Zauberei sowieso keine Maschinen mehr bräuchte.

Ich habe hier bereits gute Freunde gefunden, mit denen ich meine Freizeit verbringe und viel Spaß habe. Wir in unserem Haus haben sogar schon ein Schachturnier organisiert. Mum wird sich warm anziehen müssen, wenn ich über die Weihnachtsferien nach Hause komme.

In Liebe

Julius

Als er den Brief abgeschickt hatte, dachte der Sohn eines Chemikers und einer Computerprogrammiererin, daß er wohl noch manchen bösen Brief kriegen würde. Aber was sollte es? Er war hier, und seine Eltern konnten ihn nicht einfach zurückholen.

An einem Montag traf Eulenpost für Julius ein. Eine orangerot beringte Schleiereule brachte einen Brief von Aurora Dawn. Julius las ihn erst, als der Unterricht vorbei war. er Lautete:

Hallo, Julius!

Wie ich hören durfte, bist du tatsächlich in meinem alten Haus untergekommen und hast ihm schon viele Punkte eingebracht. Das ist sehr gut. Ich habe mich also nicht in dir getäuscht.

Ich habe von Professor Sprout und Madame Hooch Nachrichten bekommen, daß sie sich sehr erfreut zeigen, daß du bei mir deine ersten Gehversuche in den Fächern Zauberkräuter und Besenflug gemacht hast. Andererseits hatProfessor Sprout auch durchblicken lassen, daß du dich vor deiner eigenen Courage fürchtest und versuchst, möglichst wenig zu zaubern. Gut, das ist deine Sache. Aber ich wollte dir nur sagen, daß du vor dir selber keine Angst haben mußt. Wenn du gute Noten oder hohe Punktzahlen erreichen kannst, ist das kein Grund, dich zu schämen. Und wenn Madame Hooch meint, daß du ein brauchbarer Quidditchspieler sein kannst, mach das! Ich finde es nur sehr voreilig, Quidditch als langweiligen Sport zu bezeichnen, noch dazu im Vergleich mit Fußball. Sieh dir die ersten Spiele ruhig an und urteile dann richtig!

Grüße deine Freunde von mir, auch wenn ich sie nicht persönlich kenne. Vielleicht sehen wir uns ja in den Weihnachtsferien.

Hochachtungsvoll

Aurora Dawn

Julius erkundigte sich, woher der Brief gekommen war, weil er sich nicht vorstellen konnte, daß eine Eule von Australien die ganze Tour geflogen war. Er fand heraus, daß man Briefe, die über sehr große Strecken transportiert werden mußten, in Postämtern mit Floonetzanschluß aufgeben konnte. Postboten brachten sie dann mittels Floopulver an den nächsten größeren Verteiler auf dem Zielkontinent, von wo aus die Post per Eule weitergeleitet wurde. Das alles stand in einem Buch, das sich mit den Kommunikationsmitteln der Zaubererwelt befaßte.

Den Rat Auroras aufgreifend ging Julius Andrews mehr aus sich heraus. Wo er merkte, daß er niemanden unterdrückte, stellte er sein Wissen und Können unter Beweis. Dadurch holte er für Ravenclaw in einer Woche durchschnittlich 20 bis 30 Punkte. Snape zog ihm zwar hin und wieder den einen oder anderen Punkt ab, einmal sogar 10 auf einmal, weil Julius ihm anschaulich gemacht hatte, daß ein Kältewiderstandstrank auch mit weniger Aufwand gebraut werden konnte. Doch da Snape dafür berüchtigt war, allen Häusern außer Slytherin bei jeder Gelegenheit Punkte wegzunehmen, störte es ihn nicht. Die anderen sahen es ebenso. Gloria Porter tat sich besonders in Zauberkunst und Geschichte der Zauberei hervor und schaffte neben Julius, der es seiner Grundbegabung wegen immer schaffte, aufgetragene Verwandlungen durchzuführen, gute Ergebnisse zu erzielen. Professor McGonagall zeigte sich zufrieden mit der couragierten, aber maßvollen Arbeit des Jungzauberers aus der Muggelfamilie.

In der fünften Woche traf ein kurzer Brief von seinen Eltern ein, in dem stand, daß sein Vater ihm noch vor Halloween ein Paket mit Büchern zuschicken wolle, die er neben seinen Hogwartsverpflichtungen zu lesen habe, um auf dem gleichen Wissenstand zu bleiben, den Nichtzaubererjungen seines Alters erlernen konnten. Julius erfuhr danach, daß seine Eltern die weitere Finanzierung der Ausbildung davon abhängig gemacht hatten, daß Julius eben auch wissenschaftliche Bücher las. Professor Flitwick rief Julius daraufhin zu sich und eröffnete ihm, daß er zwar die Muggelwissenschaften nebenbei studieren, doch nicht auf eine Freistellung von den Schulaufgaben hoffen könne. Julius sah dies ein und sagte, daß er hoffte, nicht unter zuviel nichtmagischem Studium seine Ausbildung zu vernachlässigen. Gloria schrieb an ihren Vater, er möge Julius eine Tabelle der Wertumrechnung von Zauberergeld zu Muggelgeld schicken. Als dann in der sechsten Schulwoche, in der Mitte des Oktobers, die erbetene Umrechnungstabelle eintraf, staunte Julius nicht schlecht, welche Kaufkraft eine Sickel hatte. In der Nachricht von Glorias Vater stand auch drin, daß Nichtmagier ihr Geld besser in Wertgegenstände wie Edelsteine oder Gold umtauschen sollten, da die Kobolde in Gringotts zwar die Umrechnungstabellen da hätten, doch diese sich jeden Tag ändern würden. Bei Edelsteinen und -metallen wäre eine geringere Kursschwankung im Preis pro Karat gesetzlich vorgeschrieben und damit eine Wertschwankung zwischen -0,01 und +0,01 % von einem auf den anderen Tag garantiert. Julius schickte die Umrechnungstabelle und die Empfehlung von Mr. Porter mit einem begleitenden Kommentar nach Hause, in dem er erklärte, daß diese Daten von einem bei der Zaubererbank arbeitenden Vater einer guten Klassenkameradin stammen, dessen Angaben wohl auf fundierte Grundlagen gestützt waren. Darauf kam eine Antwort zurück, die lautete:

Hallo, Julius!

Wir haben diese Umrechnungstabellen erhalten und auch deinen Begleitbrief gelesen. Wie stellst du dir das denn vor, wie wir für dich die nächsten Schuljahre in Diamanten oder Rubinen bezahlen sollen? Wir haben nur ein kleines Bankschließfach und dazu keine Lust, dort Diamanten oder Goldbarren einzulagern. Wie soll das dann überhaupt gehen? Meiner Erfahrung mit diesen Leuten von Hogwarts nach ist es doch so, daß die Zauberei nicht normalen Leuten bekannt gemacht werden darf. Also liegt diese Zaubererbank irgendwo in der Wildnis. Ich bin doch nicht lebensmüde und reise mit mehreren tausend Pfund in Edelsteinen durch die Gegend. Das haben die sich fein ausgedacht.Mal abgesehen davon, daß diese Angaben hier bestimmt falsch sein können. Ich habe keinen Vergleichswert außer dieser Tabelle.

Sag diesem Flitwick, er könne sich die Finanzierung an den Hut stecken.!

Übrigens, morgen kommen deine Bücher an. Ich erwarte diese Cynthia Flowers, die feststellen soll, wieviele Eulen für den Transport benötigt werden.

"Und der sagt noch nicht einmal "Viele Grüße"?" Empörte sich Gloria, als Julius hämisch grinsend den Abschnitt vorgelesen hatte, in dem sein Vater Glorias Vater unrichtige Angaben unterstellte.

"Ich hoffe, du bist nicht der Meinung, daß mein Vater sich verrechnet hat", meinte seine Klassenkameradin mit einem drohenden Unterton. Julius schluckte eine Antwort wie "Verhext du mich sonst?" hinunter und sagte nur, daß er ja schon Erfahrungen mit dem Geld hatte, die sein Vater nicht machen konnte.

"Ich hätte für eine Galleone zehn Zugabteile mit je einem Stück Kesselkuchen versorgen können. Das ist schon heftig."

"Na also", sagte Gloria. Dann fragte sie:

"Und, gehst du zu Flitwick und sagst ihm, daß dein Vater nichts mehr bezahlen will?"

"Den Teufel werde ich tun. Ich gehe gleich zu Cynthia Flowers und frage sie, ob sie meinen Vater irgendwie beim Geldumtauschen helfen kann. Da sind doch bestimmt noch Verliese in Gringotts frei, wo entweder Geld oder Diamanten gelagert werden können."

"So wie ich das einschätze, möchten deine Eltern die Kontrolle über das Geld behalten. Muggel kommen nur dann in die Winkelgasse, wenn die Ferien zu ende gehen und neue Schulsachen gekauft werden müssen, sagt mein Vater."

"Na dann wird's in der Tat lustig", erwiderte Julius leicht frustriert. Dennoch ging er nach der Nachmittagsdoppelstunde Kräuterkunde, in der er die beinahe schon pflichtgemäßen 10 Punkte eingefahren hatte, zu Cynthia Flowers, die von Flitwick herbeigerufen worden war. Julius erklärte und zeigte ihr, was sein Vater geschrieben hatte. Sie meinte dazu nur:

"Das kennen wir doch. Dein Vater muß nicht immer in die Winkelgasse, um seinen Kontostand zu überprüfen. Wir machen das so, daß er halt ein Edelsteindepot dort einrichtet und dir jedesmal im Sommer eine Erlaubnis zum Abheben einer bestimmten Summe gibt. Das heißt, er legt für sieben Jahre etwas an oder für jedes Jahr neu. Dann mußt du nur in die Winkelgasse, dein Geld abheben, gegen die Quittung, daß du es bekommen hast. Dein Vater kriegt die Quittung per Eilpost nach Hause, was bei der kurzen Entfernung zu Gringotts keine halbe Stunde dauert und hat eine Kontrolle darüber, was du mit seinem Geld anstellst. Ich reise sowieso gleich zu deinen Eltern und berede das mit den Muggelwissenschaftsbüchern. Dabei werde ich ihn auch davon überzeugen können, daß er keine Sorgen um sein Geld haben muß. Ich prüfe mal nach, ob ich eine einmalige Sonderzutrittsgenehmigung für deine Eltern kriege, um sie in die Winkelgasse zu führen."

"Er fürchtet, beraubt zu werden, wenn er zuviel Geld abhebt und in irgendeiner Form herumträgt", wandte Julius ein und deutete auf den entsprechenden Abschnitt des Briefes.

"Klar, verstehe ich. Die Muggel haben ihr Zahlungssystem so umgestrickt, daß sie nur soviel Geld mit sich herumtragen, wie sie für einen Tag brauchen oder in einer Form, mit der Diebe nicht so leicht etwas anfangen können. Aber auch das ist Routine für uns. Mach dir darum keinen Kopf. Du bist nicht der erste Zauberer aus einer Muggelfamilie, dessen Verwandte Probleme machen, wenn sie um ihr Barvermögen fürchten. Ich arbeite schon lange genug hier, um das alles zu klären, ohne weitere Fragen übrig zu lassen."

Julius wollte noch wissen, wie Cynthia bei seinen Eltern vorfahren würde. Sie erzählte, daß sie zunächst nach Hogsmeade gehen, von dort aus per Floopulver nach London reisen und dann mit einem Muggeltaxi ganz muggelmäßig vorfahren würde. Dann schickte Cynthia Flowers den Jungen aus ihrem Büro.

Am nächsten Tag trugen vier große Schleiereulen ein würfelförmiges Paket zu Julius in den großen Saal von Hogwarts. Ein daran angeklebter Umschlag enthielt die Liste der Bücher und die Mitteilung, daß Julius in den Weihnachtsferien von seinen Eltern auf sein Wissen geprüft werden würde.

"Das heißt, ich darf neben den Schulaufgaben noch zwei Bücher über organische Chemie, eins über anorganische Chemie, ein Physikbuch und ein Buch über wissenschaftliche Computeranwendungen lesen. Damit ist meine Last an nutzloser Freizeit auf die Essens- und Schlafenszeit runtergeschraubt worden", stöhnte Julius, als er die Liste und den Paketumfang miteinander verglich.

Das Gespann Malfoy, Crabbe und Goyle kam an den Ravenclaw-Tisch, um sich anzugucken, was der Muggelgeborene da hatte. Terrence und Penelope winktem den Vertrauensschülern der Slytherins und unterhielten sich, während Julius sagte:

"Mein Vater will haben, daß ich eines Tages in allem besser bin als er, damit er mich nicht mehr zu füttern braucht, Draco. Deshalb hat er mir Lektüre geschickt, um in den Freistunden was tun zu können."

"Dein Vater hat wohl kein Geld, wie. Deshalb sollst du bloß schnell ans arbeiten kommen, damit du deine Familie miternähren kannst, wie?" Gab Malfoy hämisch zur Antwort.

"Logisches Denken hast du wohl noch nicht nötig, wie? Wenn ja, dann wüßtest du, daß diese Bücher hier nicht aus einem Gebrauchtwarenladen kommen und bestimmt nicht allzu billig waren. Ich bin genauso stolz auf meinen Vater, wie du auf deinen. Aber ich habe es nicht nötig, mit ihm anzugeben. Wer sowas macht macht sich selbst zum Schwächling und Idioten", reagierte Julius noch beherrscht und genoß es, wie sich das blasse Gesicht Dracos vor Wut verfärbte. Seine Begleittruppe schien nicht zu wissen, was sie tun sollte. Crabbe hatte beide Fäuste erhoben und wartete wohl darauf, dem Besserwisser eine reinhauen zu können, während Goyle mit den Füßen stampfte. Dann hörten sie die Stimme eines Slytherin-Vertrauensschülers:

"Draco, lass das! Der ist es erstens nicht wert, daß ihr euch um seine Angelegenheiten scheren müßt und zweitens hat er recht. Wer meint, nur einen tollen Vater haben zu müssen, kommt nicht weit, wenn der mal nicht mehr da ist."

"Was soll'n das, Hector? Dieses Schlammm... ich meine Muggelkind bildet sich ein, unsere Bibliothek sei nicht voll genug. Läßt sich extra noch Bücher schicken und .."

"Draco, zahlt das dein Vater? Nein? Dann lass seinen Muggelvater doch sein ganzes Geld für diesen Wissensschrott ausgeben. Wenn der dabei verhungert, ist das doch nicht dein Problem", erwiderte Hector, der Slytherin-Vertrauensschüler, ein Sechstklässler mit breiten Schultern und buschigen schwarzen Augenbrauen unter ebenso dichtem schwarzem Haar. Sein Gesicht wirkte angewidert, daß er sich in Muggelkinderangelegenheiten einmischen mußte, nur weil Malfoys Kronprinz sein Maul nicht halten konnte. Aber seine Willenskraft, die in den grauen Augen funkelte, brachte Draco Malfoy dazu, von Julius abzulassen. Hector hatte recht. Wieso sollte er sich mit diesem Muggel abgeben. War ja schon schlimm genug, daß in seiner Klasse mehrere Muggelgeborene waren, die ihn immer wieder ärgerten. Mit Erstklässlern mußte er sich nicht abgeben.

"Dann lies dich tot! Dann kannst du deinem Vater diese Dinger ja als Erbschaft hinterlassen", brachte Malfoy noch eine hämische Bemerkung an und verzog sich mit seinen Spießgesellen an den Slytherin-Tisch.

"Ich hätte diesem Idioten zehn und seinen Nachläufern je fünf Punkte abgezogen", schnaubte Terrence Crossley. Aber ich sah nicht ein, weshalb ich mich mit diesem Burschen anlegen sollte. Hector gilt doch noch ein bißchen mehr im Slytherin-Stall als Malfoy Junior.

"Danke, daß ihr das geregelt habt", sagte Julius erleichtert. Er wußte nicht, was er getan hätte, wenn dieser Angeber ihn noch weiter gereizt hätte.

"Das ist unser Job", erwiderte Penelope Clearwater kühl. "Wo kämen wir denn hin, wenn jeder von jedem Tisch zu anderen Schülern gehen und sie anpöbeln würde, weil sie irgendwelche Post bekommen hätten."

"Ich weiß, daß ich stolz auf meinen Vater sein kann. Aber ich habe auch gelernt, daß er mir nichts nützt, wenn ich weit von ihm weg bin. Warum sollte ich dann mit ihm angeben?"

"Das ist eine typische Ravenclaw-Logik. Aber das erzähl' mal einem Slytherin, dessen Vater sehr viel Macht in der Zaubererwelt hat", gab Dustin McMillan noch eine Bemerkung zum besten.

Julius brachte sein Paket noch schnell in den Erstklässlerschlafsaal der Ravenclaw-Jungen und rannte dann zur Zauberkunststunde. Er schaffte es noch, gerade hinter Professor Flitwick die Klasse zu betreten und sich ohne Aufsehen neben Gloria hinzusetzen. Julius war so aufgeregt, daß ihm ein Schwebezauber zu gut gelang. Das Objekt, eine Feder, schoß wie eine Gewehrkugel gegen die Decke und wurde dort breitgequetscht, bis sie zerfiel und wieder runterfiel.

"Huh, das war ein wenig zuviel des guten, Mr. Andrews", kommentierte Flitwick den Vorfall mit erschreckter Stimme. Dann gab er dem Jungen ein Bleigewicht, das er diesmal anstandslos aufsteigen und mit spielerischer Bewegung des Zauberstabes herumschweben und dann sanft auf den Tisch zurücksinken ließ. Die Klasse machte es nach, Gloria, Gilda und Kevin mit ähnlichem Erfolg.

"In Ordnung. Ich muß Ihnen leider fünf Punkte wegen unbeherrschten Zauberns abziehen, Mr. Andrews, gebe Ihnen jedoch dafür zehn Punkte für Ravenclaw wegen eindrucksvoller Beherrschung einer Fernlenkung. Miss Porter, Miss Fletcher und Mr. Malone erhalten ebenfalls zehn Punkte für die gleichwertige Demonstration von magischer Fernlenkung im ersten Unterrichtsjahr. Das war es dann auch."

"Mist, dieser Malfoy und sein Dinosaurierduo haben mich wohl mehr aus der Fassung gebracht, als ich erst gedacht habe", ärgerte sich Julius, als sie das Klassenzimmer verlassen hatten. Gilda, die das mitbekam sagte ungefragt:

"Malfoy ärgert uns alle irgendwie. Du hast nur heute das Pech gehabt, von ihm besonders dumm angemacht zu werden. Mein Großvater sagt, daß der große Lucius, Dracos alter Herr, mehr Angst um seine Existenz als Macht hat. Ich würde mal sagen, Draco leidet darunter, meint aber, weil sein Vater Kontakte ins Zaubereiministerium hat, den großen Prinzen spielen zu können."

"Ich habe selbst einen Vater in einflußreicher Position. Ich kann Draco eigentlich nur bedauern. Und ich denke auch, daß ihn meine Bemerkung wütend gemacht hat, daß ich ihn indirekt als Schwächling bezeichnet habe. Wenn er denken kann, wird er versuchen, sich aus meiner Nähe zu halten, damit er nicht auf die Idee gebracht wird, sich und anderen zu beweisen, daß ich recht habe."

"Häh?" Machte Kevin.

"Jungen, die sich sofort prügeln, wenn sie was hören, was ihnen nicht paßt, sind in der Regel ziemlich blöd. Dracos Vater wird ihm die Hölle heißmachen, wenn er sich mit einem Erstklässler herumzankt, ohne einen Grund dafür zu haben. Ich denke auch, daß Draco zu Hause immer untergebuttert wird. Ich kenne dieses Gefühl. Deshalb sollte ich versuchen, mich nicht mehr über ihn zu ärgern, sondern ihn zu bedauern", schloß Julius das Thema ab. Gloria fragte:

"Kann ich mir die Bücher angucken, die du schon ausgelesen hast, Julius. Ich interessiere mich dafür, was Muggel für wichtig halten, daß ein Vater seinen Sohn mit so dicken Wälzern zuwirft."

"Kein Problem. Aber ich fürchte, und das liegt nicht an deiner Intelligenz, daß du mit dem Computeranwendungskram nicht klarkommen wirst, Gloria. Dann müßtest du die technischen Grundlagen kennen."

"Das wollen wir doch mal sehen", erwiderte Gloria und sah trotzig auf Julius.

Die nächsten Wochen verliefen routiniert. Draco Malfoy hatte eher mit sich und seinem Intimfeind Harry Potter zu tun. Man diskutierte über Sirius Black, die Dementoren, die vor den Schloßtoren wachten, Halloween und das erste Quidditchmatch zwischen Hufflepuff und Gryffindor, das am Samstag nach Halloween ausgetragen werden sollte. Julius las neben den für die Hausaufgaben nötigen Zauberbüchern noch in den zugeschickten Büchern, wobei er den Schwebezauber an einem dicken Buch über Stoffwechselvorgänge ausprobierte. Gloria hatte Julius gefragt, ob sie sich seinen Schachcomputer einmal von innen ansehen könne, um die Grundlagen zu begreifen, wenn von Prozessoren, Adressbussen und Benutzeroberflächen gesprochen wurde. Julius, der den Schachcomputer in Hogwarts sowieso nicht benutzen konnte, erlaubte es. Und siehe da, Gloria Porter fand sich sehr schnell in die Bauteile ein und schaffte es, den kleinen Schachcomputer auch wieder ordentlich zusammenzusetzen und zu verschließen.

Als Kevins irischer Dudelsack loströtete, war Julius im ersten Moment danach, aufzuspringen und dem rotblonden Jungen an die Gurgel zu gehen. Doch dann meinte er:

"Hast recht, Kevin. Ich hhabe heute lange genug gelesen." Dann klappte er das Buch über einem kleinen Lesezeichen zu und verstaute es mit den anderen Büchern in seinem Koffer. Morgen war halloween. Er wollte sich nicht mit zusätzlichem Lernstoff vollstopfen, den er hier sowieso nicht anbringen konnte.

Flitwick kam noch mal in den Gemeinschaftsraum der Ravenclaws und verkündete, daß alle Schüler über der zweiten Klasse, die eine Besuchserlaubnis für Hogsmeade besaßen, morgen früh beim Hauptportal erscheinen sollten. Julius wollte wissen, was es in Hogsmeade so alles gab. Ein Schüler der vierten Klasse schwärmte nur so von den Läden und von "den drei Besen", einem Zauberer-Pub, in dem es das berühmte Butterbier gab.

Da die Erst- und Zweitklässler nicht nach Hogsmeade durften, vertrieben sie sich den nächsten Tag mit Schach, wobei Gloria, Julius und Kevin ein spontanes Turnier improvisierten, bei dem Gloria und Julius ins Finale kamen und mit einer Remis-Partie das Turnier beendeten, was den Schachfiguren nicht gefiel. Der weiße König, dessen Mannschaft Gloria geführt hatte, hielt ihr vor, nicht riskant genug gespielt zu haben, während die schwarze Königin, die von Julius geführt worden war, über eine derartige Kampfesunlust des Spielers klagte, daß sie ihn darum ersuchte, bei der nächsten Partie wieder die weißen Figuren zu spielen. Die geschlagenen Bauern, ein Läufer und ein Turm erhoben ebenfalls Protest gegen diese unvollkommene Spielweise.

"Wofür habe ich mir von diesem vermaledeiten Springer den Kopf beinahe abreißen lassen?" Plärrte ein weißer Bauer, der darum bemüht war, nicht noch mal umzufallen.

Als Gloria ihr Schachspiel wieder fortgepackt hatte - die kleinen Schachmenschen protestierten auch in ihrer Hauskiste -, ging es hinaus zu einer Runde Laufen. Julius mußte sich schwer ranhalten, um nicht von Fredo, Kevin und Gilda im Lauftraining geschlagen zu werden.

"An und für sich möchte ich schon gerne wissen, was da so alles im Wald haust", äußerte sich Kevin, dessen Vorliebe für Monster und andere Zaubergeschöpfe mittlerweile zu einer Leidenschaft geworden war. Julius erwiderte mit künstlicher Beklommenheit in der Stimme:

"Feuerdrachen, Monsterspinnen, Riesenameisen und fleischfressende Riesenraupen, die nie zu Schmetterlingen werden können."

"Jau! Echt?" Stieß Kevin mit vor Begeisterung glühenden Wangen aus und blickte sehnsüchtig zum dunklen Waldrand.

"Im Moment wohl nicht. Die Dementoren dürften alle anständigen Monster verjagt haben", gab Fredo kühl von sich. Kevin zuckte ein wenig zusammen. Daß die Dementoren von Askaban durch den verbotenen Wald streifen konnten, erschreckte ihn mehr, als das gefährlichste Untier, daß die Zaubererwelt vorweisen konnte.

Gloria hatte sich einen Schulbesen Marke Shooting Star ausgeliehen und zirkelte über ihnen durch die Luft, um ihre Manövrierfähigkeit zu üben. Sie schwebte herunter, wobei der Besen schlingerte und fast aus der Bahn geriet. Dann schaffte sie es, ihn punktgenau zwischen Fredo, Kevin und Julius zu landen.

"Bravo!" Rief Kevin und klatschte Beifall. "Und ich dachte schon, du wärst zu schwer für den alten Zahnstocher."

"Ich zu schwer? Manieren hast du für ein Knut", empörte sich Gloria Porter und schüttelte ihre rechte Faust. Sie grinste jedoch sofort danach und stieg von ihrem Besen.

"Lass' ihm doch den Spaß, Gloria. Er will doch nur sagen, daß es ihn freut, daß Besenfliegen bei ihm besser läuft als Schach", gab Fredo eine ungebetene Bemerkung zum besten. Julius lachte, während Kevin Fredo ansprang und einige Sekunden mit ihm rangelte, bevor sich die Jungen mit verdreckten Umhängen wieder voneinander lösten und laut lachten.

Julius sah zum großen See herüber.

"Schade, daß es schon zu kalt zum schwimmen ist."

"Da drin würde ich für zehn Galleonen nicht freiwillig schwimmen", tönte Fredo Gillers. "Da drin gibt's einen riesigen Tintenfisch. Außerdem soll da noch so einiges an Wasserungeheuern hausen, Grindelohs und sonst so'n Zeug."

"In der Geschichte von Hogwarts steht, daß im See eine Meerleute-Siedlung sein soll. Aber die findet man nicht rechtzeitig, bevor einem die Luft ausgeht", teilte Gloria ihren Begleitern mit.

"Super! 'ne echte Meerjungfrau! Habe ich noch nie gesehen", schwärmte Kevin. "Und der Riesentintenfisch ist tatsächlich da drin, Fredo?"

"Den habe ich auf jeden Fall schon gesehen, als ich mit Glenda Honeydrop da gepicknickt habe", sagte Fredo und lief leicht rosa an. Das veranlaßte die anderen zu einem fröhlichen "Ui, Fredo!"

"Ich will diesen Tintenfisch sehen. Kommt wer mit an den See?" Warf Kevin Malone ein. Gloria hatte keine Lust auf MonsterTintenfisch, Fredo hatte den schon gesehen und Julius wußte es nicht so genau. Doch dann meinte er:

"Hmm, hat einer von euch schon mal gesehen, wie Natrium im Wasser explodiert?"

"Natrium? Was ist denn das?" Wollte Fredo wissen, dem das wort "explodiert" einen spontanen Stimmungsumschwung von gelangweilter zu guter Stimmung bereitete.

"Ein chemisches Element, daß mit Wasser reagiert und dabei explosionsartig Wasserstoff freisetzt, der sofort entzündet wird, wenn er mit der Luft zusammenkommt, so heiß wird das Zeug bei der Explosion", gab Julius sein Muggelwissen weiter.

"Aber wenn du das in den See schmeißt wird der Riesentintenfisch vielleicht verscheucht und läßt sich nicht mehr blicken", warf Kevin ein, der Angst um sein Vergnügen hatte.

"Der kommt schon wieder, wenn jemand was essbares in den See wirft", meinte Fredo. Gloria wußte nicht, ob sie jetzt von dieser Sache abraten oder einfach gehen und die Entscheidung den Jungen überlassen sollte. Doch sie interessierte das Experiment, das Julius angeregt hatte. War vielleicht wertvoll für ihre Ausbildung mit Wirkstoffen.

Kevin und Julius kehrten ins Schloß zurück. Julius, um eine Natriumtablette aus seinem Chemiebaukasten zu holen, Kevin um seine Kamera zu holen, mit der er hoffte, interessante Aufnahmen magischer Kreaturen zu machen.

Als sie am Ufer des Sees ankamen, suchten sie erst einmal nach Möglichkeiten, um in Deckung zu gehen. Denn wenn die Natriumtablette im Wasser explodierte, konnte es passieren, daß jemand aufmerksam wurde.

Julius holte die in wasserdichtes Plastik eingewickelte Tablette heraus, die wie eine glänzende Brausetablette wirkte. Gloria wollte sie in die Hand nehmen, doch Julius wies darauf hin, daß Natrium schon bei der geringsten Feuchtigkeit zu reagieren anfangen würde. So nahm er die Natriumtablette mit den Fingerspitzen, holte weit aus und schleuderte sie weit in den See hinaus, wobei sie sich wie ein winziger glitzernder Diskus drehte. Dann traf sie auf die Wasseroberfläche und reagierte zunächst mit wildem Sprudeln, dann, begleitet von einem lauten scharfen Knall und davonspritzendem Wasser, schoß eine kurze Flamme auf, die sofort wieder verlosch. Kevin vermeinte noch einen riesigen Fangarm durch das Wasser peitschen zu sehen. Offenbar hatte der Riesentintenfisch gemeint, es käme was essbares zu ihm. Die Kinder nahmen schnell hinter einem hohen Busch Deckung, keine Sekunde zu früh.

Fünf grünhaarige Köpfe schossen aus dem Wasser und blickten sich um, mit wutverzerrten Gesichtern. Kevin mußte sich schwer beherrschen, nicht mit seiner Kamera auf die erschienenen Wesen zu zielen. Jedes leiseste Geräusch hätte sie verraten können. Einer der Köpfe, der Kopf einer älteren Frau, wandte sich dem Schloß zu und rief etwas in einer fremden Sprache. Kevin vermeinte das Wort "Dumbledore" darin zu erkennen, obgleich es wie ein sehr starker Dialekt klang.

Weitere Köpfe tauchten aus dem Wasser auf und sahen sich um. Die Meerjungfrau schien das Kommando zu haben. Sie dirigierte die anderen so, daß sie sich verteilten und zum Seeufer schwammen.

"Gut, daß wir nicht näher als 20 Meter an den See herangegangen sind", dachte Julius, der mit etwas Beklemmung sah, wie die Wesen das Ufer abschwammen und ihre langen Fischschwänze wütend durch die trüben Fluten peitschen ließen. Nach einer Weile kehrten sie wieder um und schwammen zu der Gestalt zurück, die sie ausgeschickt hatte. Schließlich tauchte ein Kopf nach dem anderen ab und verschwand. Kevin wagte es und schoß zwei fotos in Folge, als die ältere Meerfrau sich ebenfalls wieder unter die Oberfläche sinken ließ.

"Hu! Das war ja heftig", meinte Gloria leise. "Einmal die Explosion und dann die Meerleute."

"Jetzt hast du zumindest eine Meerjungfrau gesehen", sprach Fredo leise in Kevins Richtung. Julius sah immer noch auf den See. Dann sagte er:

"Was für ein Service. Ich bin hergekommen, um echte Zauberer, Geister und Hexenpflanzen zu sehen und dachte, hier auch die schönen Wesen der Sagen und Märchen der Muggel zu sehen. Und dann taucht an Stelle einer Meerjungfrau so'n altes Mütterchen mit Fischschwanz auf."

Die Kinder unterdrückten jedes laute Lachen. Dann warteten sie noch eine Minute, bevor sie sich vorsichtig zum Schloß zurückschlichen. Julius nahm die Plastikfolie, in die die Natriumtablette eingeschweißt war, warf sie in die Luft und wedelte mit dem Zauberstab. Er Konzentrierte sich und schaffte es, die leere Plastikfolie in ein weißes Papiertaschentuch umzuwandeln, wie er es in der letzten Verwandlungsstunde bereits gelernt hatte. Kevin, der nun einmal seine Kamera dabei hatte, peilte damit in Richtung Wald und hielt Ausschau, ob ihm nicht doch ein interessantes Wesen vor die Linse kam. Fredo fragte, ob er denn auf die Entfernung was aufnehmen könnte und erfuhr, daß die Kamera ein magisches Teleobjektiv besaß, mit dem alles, was am Horizont als kleiner Punkt erschien, so groß eingestellt werden konnte, daß es auf das gesamte Bild paßte.

Vor dem Schloß spielten die Hollingsworth-Schwestern das Pyropingpong. Julius hörte fauchende Geräusche und zwischendurch einen kurzen Knall, als würden Feuerwerkskracher explodieren. Julius sah, wie eines der Mädchen aus ihrem Zauberstab einen grünen Feuerball in der Größe eines Tischtennisballes schießen ließ, der sich drehend und taumelnd auf das andere Hollingsworth-Mädchen zufauchte. Dieses hielt den Zauberstab hoch und ließ den Feuerball davon abprallen und zu seiner Schwester zurückfliegen. Doch der Feuerball ging daneben und zerknallte in einem kurzen Funkenregen.

"Entschuldigung! Wie macht ihr das?" Wollte Julius wissen.

"Das ist Pyropingpong. Nicht ganz ungefährlich aber einfach, wenn du den Startzauber kennst", meinte Betty. Sie hob den Zauberstab und zielte auf die leere Fläche neben Julius. Dann murmelte sie etwas, und ein orangeroter Feuerball, so groß wie ein Tischtennisball, fauchte heraus und fiel neben Julius auf den Boden, wo er mit kurzem Knall zerstob.

"Ah, ich kapiere. Jede schießt einen Feuerballl los. Die andere muß ihn mit ihrem Zauberstab zurücklenken, bevor er auf dem Boden landet. Ein Feuerball bleibt solange ganz, solange er von einem Zauberstab zum nächsten fliegen kann", schlußfolgerte Julius.

"Genau!" Sprachen die Zwillinge im Chor.

"Das ist ein Spiel für Geschwister, Julius. Stell dir mal vor, der Feuerball flutscht an deinem Zauberstab vorbei und landet krachend auf deinem Umhang. Das möchte ich nicht erleben", warf Fredo ein. Kevin sagte nur:

"Ich dachte, ihr könnt Quidditch. Da ist doch so ein Feuerballzuwerfen doch voll langweilig."

"Nicht, wenn du auf ein und derselben Stelle stehenbleiben mußt und dich nur drehen oder den Zauberstab anders halten darfst. Ich habe Profi-Spieler gesehen, die schossen sich den Feuerball innerhalb von einer Sekunde fünfmal zu."

"Aus welcher Entfernung?" Fragte Julius.

"Die Regelentfernung von 10 Schritt", erklärte Betty.

Die Bibliothek war an diesem Tag nicht so besucht. Wer lesen wollte, hatte sich die interessanten Bücher schon am Vortag geholt und war in seinem oder ihrem Haus geblieben. An und für sich hatte Julius noch das Kapitel über Methanverbindungen zu lesen. Doch ihm war an diesem Tag nicht nach Büffeln. Die Bibliothek galt aber auch als Treffpunkt der Bewohner aller Häuser, wo sie sich an Tischen niederlassen konnten und, sofern sie leise sprachen, über ihre Erfahrungen und Interessen reden konnten. So konnten sich die beiden Hollingsworth-Schwestern mit den Ravenclaws über das Leben in ihren Häusern auslassen und noch ein paar nützliche Tips für die nächste Zaubertrankstunde austauschen.

Professor McGonagall betrat die Bibliothek und steuerte auf ein Bücherregal zu, wo sie sich ein Buch holte und an einen freien Tisch setzte, um zu lesen. Dann betrat Albus Dumbledore den Lesesaal und steuerte auf den Tisch zu, an dem die sechs Schüler saßen. Schlagartig verstummte die laufende Unterhaltung. Alle blickten den Schulleiter an.

"Hallo, kinder. Kann mir jemand erzählen, ob jemand was von einem Knall im See mitbekommen hat. Ich wurde vorhin darauf aufmerksam gemacht, daß dort etwas explodiert sei."

"Ein Knall im See?" Fragte Julius Andrews unschuldig schauend.

"Ja, etwas wie ein Feuerwerkskörper. Der große Krake war danach völlig verschreckt und konnte nur mit Mühe wieder beruhigt werden."

"Was, ein großer Krake lebt da im see. Kann ich den sehen?" Wollte Kevin wissen.

"In einigen Tagen vielleicht", meinte Dumbledore. "Erst einmal möchte ich wissen, was das gewesen ist. Hat vielleicht jemand einen Filibuster-Feuerwerkskörper in den See geworfen?"

"Nicht, daß ich wüßte", wandte Fredo ein. Julius machte ein fragendes Gesicht und sagte, daß er nicht wisse, was ein solcher Feuerwerkskörper sei.

"Dann hat vielleicht jemand gezaubert. Ihr müßt nämlich wissen daß in dem See jemand wohnt: Meerleute. Vielleicht habt ihr mitbekommen, ob jemand den See besucht hat. Aber wenn nicht, ist in Ordnung", meinte Dumbledore und grinste. Dann verließ er die Bibliothek wieder.

"Was sind denn Filibuster-Feuerwerkskörper?" Wandte sich Julius an Fredo.

"Geniale Dinger. Die zünden sogar im Wasser. Du brauchst die nur mit dem Zauberstab anzutippen. Sie explodieren entweder in bunten Feuerfiguren oder schwirren in bestimmten Figuren durch die Luft. Auf jeden Fall lustige Dinger."

Professor McGonagall legte langsam das umfangreiche Buch auf den Tisch und stand auf, wobei sie die Sechsergruppe genau ansah. Sie wirkte nicht gerade so, als sei sie hocherfreut. Sie kam gemessenen Schrittes an den Tisch, wo die Hollingsworths, Gloria Porter, Fredo Gillers, Kevin Malone und Julius Andrews saßen. Eisiges Schweigen breitete sich aus.

"Ich wurde eben Zeuge Ihrer kurzen Unterredung mit Professor Dumbledore. Als ich hereinkam wirkten Sie so, als wären sie gerade von einem langen Spaziergang wiedergekommen. Außerdem sind Ihre Umhangsäume leicht erdverkrustet, als hätten sie auf unbepflastertem Boden gehockt, Ms. Porter, Mr. Gillers, Mr. Malone und Mr. Andrews. Wie erklären Sie sich diese Unordentlichkeit?"

"Damit daß wir beide uns gerangelt haben", meinte Fredo schnell. Dabei sah er Kevin an. Gloria erzählte nichts. Julius schwieg ebenso.

"Das erklärt vielleicht Ihren Aufzug, Mr. Gillers. Aber von Ms. Porter und Mr. Andrews bin ich derartige Nachlässigkeiten und Ausfallserscheinungen nicht gewohnt. Also, haben Sie vier am See irgendwas mitbekommen? Und an Ihrer Stelle würde ich wahrheitsgemäß antworten."

"Wir waren am See, als es geknallt hat", preschte Julius vor. Gloria sah ihn kurz an, als hielte sie ihn für irrsinnig. Doch dann nickte sie. Fredo und Kevin hielten es nicht für nötig, zuzustimmen. Sie konnten ihre Rauferei als Grund für den Schmutz an ihren Umhängen angeben.

"Gut, und was haben Sie mitbekommen?" Wollte Professor McGonagall weiter wissen.

"Wir hörten einen Knall und sahen eine kurze Stichflamme aus dem Wasser des Sees schießen. Danach tauchten grünhaarige Köpfe auf. Wir hielten es für angebracht, uns zu verstecken, damit wir nicht in Verdacht kamen", erklärte Gloria, die sich per Blickkontakt zu Julius vergewissert hatte, daß sie sprechen sollte.

"Echt, ihr habt die Meerleute gesehen?" Stieß Kevin sehr enthusiastisch aus und fing sich von Professor McGonagall einen sehr tadelnden Blick ein.

"Und sie zogen es vor, solange in Deckung zu hocken, bis die Meerleute wieder untergetaucht waren, ohne sich zu zeigen?"

"Die Meerfrau, die wohl die Anführerin war, rief etwas lautes. Ich konnte sie nicht verstehen, weil ich nicht Meerleutesprache kann", sagte Gloria. Julius wandte ein:

"Was meinen Sie, was das ein Schock für mich war. Da gehen wir an einem See spazieren, und Meerleute tauchen auf. Ich habe doch immer geglaubt, die gibt es nicht wirklich. Da habe ich nur geguckt, wo ich mich verstecken konnte."

"Gut, Ihnen muß ich das zugestehen, daß Sie nicht wußten, daß der See bewohnt ist", erwiderte Professor McGonagall, und in ihrer Stimme lag etwas bedrohliches. Julius mußte sich anstrengen, das in ihm aufkommende Schuldgefühl nicht offen ausbrechen zu lassen.

Was für einen Zauber haben Sie verwendet?" Fragte McGonagall ohne weitere Vorwarnung. Gloria und Julius sagten:

"Wir haben nicht gezaubert."

"Geben Sie mir bitte Ihre Zauberstäbe!" Verlangte die stellvertretende Schulleiterin, und in ihren Worten lag mehr von einem strengen Befehl als von einer höflichen Bitte. Julius und Gloria zogen ihre Zauberstäbe hervor und händigten sie Professor McGonagall aus. Dann ging sie aus dem Lesesaal.

"Kriegen wir die heute noch mal wieder?" Fragte Julius.

"Bestimmt", meinte Gloria und warf den beiden hämisch grinsenden Hauskameraden einen sehr gefährlichen Blick zu, unter dem Fredo förmlich zusammenbrach.

"Sie wird prüfen, was wir als letztes damit angestellt haben."

"Huch, wie geht denn das?" Wollte Julius wissen.

"Es gibt einen Zauber, der heißt Prior Incantato. Er bringt den letzten mit dem Stab bewirkten Zauber noch mal hervor", wußte Gloria, die diverse Zauberkunstbücher gelesen hatte.

"Das heißt, daß das noch mal passiert, was wir beim letzten Mal gezaubert haben. Hoffentlich verwandelt sie nicht aus Versehen etwas wichtiges in ein Papiertaschentuch", grinste Julius, der sich an die letzte Verwandlungsstunde erinnerte, wo sie kleine Untersetzer in Papiertaschentücher umwandeln mußten. Seitdem war nichts mehr mit seinem Stab gezaubert worden.

Nach nur einer Minute kehrte die Verwandlungslehrerin zurück und gab die Zauberstäbe wieder an ihre Besitzer zurück.

"Es ist interessant, Mr. Andrews, daß selbst die Restkraft Ihres letzten Zaubers schon reichte, um eine Komode in ein Papiertischtuch zu verwandeln. Das war wohl der letzte Zauber, den sie bis heute bewirkt haben. Hmm, dann ist etwas nichtmagisches explodiert. Zeigen Sie mir bitte den Inhalt Ihrer Umhangtaschen!"

Julius zögerte etwas. Gloria fragte, was Professor McGonagall suche. Fredo sagte vorlaut:

"Was wohl. Filibusterkracher."

Julius förderte das Papiertaschentuch aus seinem Umhang, das vorhin noch eine Plastikfolie gewesen war. Professor McGonagall sah es an, konnte nichts daran feststellen und meinte:

"Ich habe Ihnen wohl unrecht getan. Ich weiß zwar nicht, wie es am See passiert ist, aber offenbar haben Sie nichts damit zu tun."

Als die Professorin die Bibliothek wieder verlassen hatte, grinsten die vier Ravenclaws. Julius flüsterte:

"Im Grunde darfst du alles machen. Du darfst dich nur nicht erwischen lassen." Gloria schmunzelte.

"Eigentlich war das ja sehr arrogant von dir, deine überragenden Verwandlungsfähigkeiten derartig zu nutzen, wo wir anderen doch noch Probleme damit haben."

"Du doch nicht, Gloria. Oder wer hat in der letzten Verwandlungsstunde die 15 Punkte für Ravenclaw eingefahren, weil das Endprodukt noch mit bunten Blümchen verziert war?" Wollte Kevin wissen. Gloria lief rosa an. Sie sagte nichts mehr dazu.

"Hoffentlich kommt keiner auf die Idee, meinen Chemiebaukasten zu beschlagnahmen", flüsterte Julius Gloria zu. In meiner Anweisung steht nämlich drin, daß ich experimentieren muß. Weiß ich, was mein alter Herr mit mir vorhat."

"War auf jeden Fall eine Interessante Vorführung", flüsterte Gloria zurück. Dann sagte sie laut:

"Wer glaubt ihr, gewinnt nächste Woche das Quidditchmatch?"

"Ist doch eine ausgemachte Sache. Gryffindor natürlich", tönte Kevin. Fredo pflichtete ihm bei.

"Wenn Potter gespielt hat, hat er immer den Schnatz gefangen. Oder glaubst du, Kevin, daß Cedric Diggory schneller ist?"

"Keine Chance", erwiderte Kevin.

"Cedric ist ein sehr guter Sucher und hat eine starke Mannschaft hinter sich. Selbstverständlich gewinnen wier das Spiel", sagte Betty leicht gereizt.

"Außerdem muß Harry Potter nicht immer sofort sehen, wo der Schnatz gerade herumfliegt", wandte Jenna Hollingsworth ein.

"Wollen wir drauf wetten?" Fragte Kevin.

"Auf so sichere Sachen? Nö!" Erwiderten Fredo, Betty und Jenna.

"Dann eben nicht", erwiderte Kevin. Dann fragte er Julius:

"Was hälst du davon? Schießen die Jäger mehr Tore, bevor der Sucher den Schnatz kriegt?"

"Wenn deine Erklärung stimmt, könnte eine Mannschaft in einem Spiel 20 Tore schießen, bevor die Gegenmannschaft den Schnatz fängt, ohne selbst ein Tor geschossen zu haben", meinte Julius. Dann sah er die Hollingsworth-Schwestern an und sagte:

"Ich glaube nicht, daß die Hufflepuffs so gute Jäger haben und einen so tollen Hüter im Torraum stehen haben. Wood von den Gryffindors ist supergut, habe ich mir sagen lassen. Deshalb ist Quidditch ja langweiliger als Fußball."

"Häh? Nicht schon wieder", sagte Kevin. "Das ist das beste Spiel, das es gibt. Langweilig? Du hast ja keine Ahnung! Aber das wird sich ja ändern."

Am Abend kehrten alle Schüler, die in den höheren Klassen waren aus Hogsmeade zurück. Joe Limestone, ein Ravenclaw-Fünftklässler, hatte für einige Leute aus der zweiten Klasse die berühmten Brausetabletten mitgebracht, die jemanden schweben lassen sollten. Julius und Gloria hatten ihre Umhänge gesäubert und sich mit den übrigen Ravenclaws auf den Weg zur großen Halle gemacht. Dies war das erste Halloween, daß Julius außerhalb von Zuhause erlebte. Er dachte daran, wie er sich im letzten Jahr als dunkler Sternenkrieger verkleidet und mit einem Strahlengewehr aus Plastik um Süßigkeiten gestritten hatte. Moira hatte sich als böse Hexe des Westens aus "der Zauberer von Oz" verkleidet. Lester und Malcolm, ebenfalls Mitglieder der berühmt-berüchtigten Bubblegum-Bande, waren als Werwolf und Dracula aufgetreten. Diesmal hatten sie sich nicht verkleidet. Doch das war in einem echten Spukschloß wohl auch nicht nötig.

"Ich habe einer Hexe im Honigtopf gesagt, ich wäre an und für sich ein Muggel, der zufällig in diese Halloween-Landschaft geraten sei", erzählte ein Ravenclaw-Drittklässler. "Ich habe gedacht, sie würde mir umsonst was geben. Doch sie hat nur gelacht und gesagt, daß echte Muggel nicht nach Hogsmeade kommen könnten."

"Wenn du auch "Muggel" sagst", wandte eine Ravenclaw-Fünftklässlerin grinsend ein.

"Natürlich habe ich nicht "Muggel" gesagt, Celine. Ich habe gesagt, ich käme aus London, suchte die Halloween-Party eines Mr. Cricket und hätte mich gewundert, daß soviele Leute sich hier als Zauberer verkleidet hätten."

Die Halloweendekoration war umwerfend. Lebende Fledermäuse flatterten im Saal herum, Kürbisse leuchteten an den Wänden, und die Geister von Hogwarts präsentierten sich in ihrer gruseligsten Kleidung. Das Essen war so üppig und vielfältig, wie am Tag ihrer Einschulung.

"Fehlt jetzt nur noch ein Muggel, der "Streich oder Süßes!" ruft", witzelte Dustin McMillan. Julius griff den Scherz auf und wollte gerade den klassischen Halloween-Ausruf bringen, als Gloria ihm schnell eine halbe Kartoffel in den Mund schob.

"Welchen Streich wolltest du denn spielen, Julius?" Fragte sie wie ein Kindermädchen, daß ihren Zögling gerade noch von einer Untat abgehalten hatte.

"Flitwicks Hut schweben lassen", erwiderte Julius mit vollem Mund.

"Da gibt es bestimmt interessantere Scherze", erwiderte Gloria. Dustin sagte:

"Genau. Wie wäre es, ein Kaninchen aus dem sprechenden Hut zu zaubern?"

"Jaja, Dusty. Deine Materialisationsversuche", ereiferte sich Leonard Pinetree, ein Klassenkamerad von Dustin. "Professor McGonagall war sehr begeistert, daß du statt eines Seiles einen Haufen Drachenmist beschworen hast. Kam voll gut."

"Ha-ha-ha!" Entgegnete Dustin leicht gereizt.

Das Fest verlief so, wie Julius sich ein Fest unter Zauberern und Geistern vorstellte. Zum schluß zeigte der Hausgeist der Gryffindors, wie man ihn vor 500 Jahren zu enthaupten versucht hatte, es nach vierzig Axthieben aufgegeben hatte. Er erntete damit großen Beifall und ehrliches Lachen von allen Schülern. Nach einer langen Rede von Dumbledore über den Zauber von Halloween, kehrten die Ravenclaws in ihr Haus zurück. Gloria und Julius wollten noch eine Partie Schach spielen, während die übrigen Jungen und Mädchen der ersten und zweiten Klasse zu den Schlafsälen hochstiegen.

Es war wohl nicht lange nach dem Fest, als prof. Flitwick in den Gemeinschaftsraum sprang und rief:

"Alle Mann wieder runter in den großen Saal! Sirius Black hat sich ins Schloß geschlichen!"

"Waaas?!" Riefen fast alle Anwesenden.

"Keine überflüssigen Fragen, bitte. Die Vertrauensschüler bitte nach oben und alle aus den Schlafsälen holen!" Befahl er und sah die Vertrauensschüler und -schülerinnen durchdringend an. Sie eilten sofort los. Gloria klappte ihr Schach wieder zusammen, was von den beiden Königspaaren mit großem Protest beantwortet wurde. Dann ging es im Geschwindschritt zurück in die große Halle. Peeves, der Poltergeist, verlegte ihnen einmal den Weg und rief:

"Hach, ich bin der Mörder!" Terrence fauchte ihn an und drohte mit dem blutigen Baron, dem Hausgeist der Slytherins, der als einziger Geist mit Peeves fertig werden konnte. Der Poltergeist streckte Terrence die Zunge armlang heraus und zischte dann wie eine Kanonenkugel davon.

Im Großen Saal trafen alle Bewohner der vier Häuser ein und warteten darauf, was geschehen sollte. Dumbledore ließ die vier großen Tische an die Wand fliegen und sich dort aufrichten. Dann beschwor er mit einer Zauberstabbewegung hunderte von purpurroten Schlafsäcken in den Saal und ordnete an, daß die Vertrauensschüler wachestehen sollten. Percy Weasley, der Schulsprecher, befahl allen, sich zur Ruhe zu legen. Bevor die Lichter gelöscht wurden, erfuhren die Bewohner der übrigen drei Häuser von den Gryffindors, daß ihr Wachposten, eine fette Dame, aus ihrem Gemälde geflüchtet war, als Sirius Black versucht hatte, sich gewaltsam Zutritt zum Gryffindor-Turm zu verschaffen. Danach diskutierten sie noch, wie es Black gelungen sein mochte, an den Dementoren vorbei ins Schloß zu kommen. Leonard Pinetree, der Klassenkamerad von Dustin, vermutete laut, daß Black wohl ins Schloß appariert sein konnte. Andere warfen ein, daß er auch hereingeflogen sein könnte. Hermine Granger von den Gryffindors empörte sich über soviel Unwissen und belehrte sie alle darüber, daß Hogwarts ja durch starke Zauberbanne gegen unbefugtes Betreten gesichert sei und die Dementoren wohl jeden hereinfliegen sehen würden. Als Percy mit befehlsgewohnter Stimme verkündete, daß nun die Lichter gelöscht würden, verstummten die Diskussionen. Julius, der zwischen Kevin, Dustin und Fredo lag, starrte an die verzauberte Decke und versuchte, die Leitsterne der sichtbaren Konstellationen auszumachen. Er erkannte die Wega in der Leier, Antares im Scorpion und die Sterne Beteigeuze und Rigel im Orion. Dann fiel ihm noch Sirius auf, der hellste Stern am nördlichen Nachthimmel und Leitstern des großen Hundes. Als Julius die astronomischen Daten zu diesem Stern in sein Bewußtsein rief, mußte er grinsen. Sirius war doch auch der Name des Massenmörders, dem er diesen ungewöhnlichen Schlafplatz zu verdanken hatte. Irgendwann fielen ihm die Augen zu und er schlief tief und fest.

Der Einbruch des gesuchten Massenmörders war ein Schock für die Schüler von Hogwarts. Nicht nur daß die Dementoren von Askaban das Schloß und seine Ländereien umstellt hatten, auch daß die starke Abwehrmagie der Schule es nicht vermocht hatte, den gefährlichen Flüchtling abzuhalten. Groß angelegte Suchen blieben erfolglos. Black schien auf dieselbe Weise das Schloß unbehelligt verlassen zu haben, wie er hereingekommen war. Julius erzählte Gloria und Kevin die Geschichte, wie sein Onkel Nicholas vor drei Jahren einen Einbrecher auf frischer Tat ertappt hatte. Seine Familie war danach wochenlang sehr tief erschüttert, zumal sie alle geglaubt hatten, daß die umfangreichen Alarmanlagen jeden Einbrecher hätten abwehren müssen. Dann, so Julius, hätte sich herausgestellt, daß der Einbrecher einen Tipp von Leuten aus der Firma bekommen hätte, die die Alarmsysteme eingebaut hatte.

"Es könnte also möglich sein", setzte Julius zum Schluß an, "daß auch Black jemanden hier im Schloß hatte, der ihm eine kleine Tür geöffnet hat. Aber ich würde keinen verdächtigen."

"Schwierig ist es schon, hier einzudringen", wandte Fredo Gillers ein. "Aber mich interessiert, was der hier eigentlich wollte. Warum ist der zum Gryffindor-Turm gegangen?"

"Betty meint, daß das was mit Harry Potter zu tun haben soll. Es gibt Gerüchte, die fliegen herum wie ein Schwarm Hornissen", gab Gloria zur Antwort.

"Durfte der deshalb nicht mit nach Hogsmeade?" Fragte Kevin, der von einem Gryffindor gehört hatte, daß Harry der einzige Junge der dritten Klasse war, der nicht in das Zaubererdorf gehen durfte.

"Nein, seine Verwandten haben ihm nicht die schriftliche Erlaubnis dazu gegeben", wußte Gloria es besser. "Betty hat das von einem Jungen aus der dritten Klasse, der das bei Kräuterkunde aufgeschnappt hat. Ich denke, das ist schrecklich, wenn man bei völlig ablehnenden Muggeln lebt, wenn die eigenen Eltern gestorben sind."

"Oha! Diese Erlaubnis werde ich dann auch haben müssen. Ich glaube, ich stell mich schon einmal darauf ein, mit meinen Eltern zu handeln, um sie zu kriegen."

"Ich würde denen sagen, daß sie entweder ja oder nein sagen sollen. Das bringt nichts, irgendwelche Verträge zu schließen. Du kannst deine Eltern ja nicht dafür drankriegen, wenn sie sich nicht daran halten", wandte Kevin ein.

"Das stimmt", pflichtete Fredo Gillers bei.

Gilda Fletcher kletterte durch das Portraitloch, sah sich im Gemeinschaftsraum um und wandte sich dann an Julius Andrews. Dieser stand von seinem Stuhl auf und sah sie fragend an.

"Eine Miss Flowers will mit dir reden, Julius. Sie wartet in Flitwicks Büro auf dich."

"Ach du meine Güte. Wenn die mich sehen will, hat mein alter Herr wieder was nicht machen wollen, was für meine Ausbildung hier wichtig ist. Aber gut, Gilda. Danke!"

Julius verließ das Haus Ravenclaw und eilte durch das Schloß zum Büro seines Hauslehrers. Dort saß der kleinwüchsige Professor Flitwick über einem Stapel Hausaufgaben, während die Außendienstmitarbeiterin Cynthia Flowers an einer Wand lehnte und lässig einen Schokofrosch aß.

"Entschuldigung, Miss Flowers", flüsterte Julius, der dachte,Professor Flitwick nicht bei der Durchsicht der Hausaufgaben stören zu dürfen. Cynthia nickte und verließ mit ihm das Büro des Zauberkunstlehrers. In einem leeren Klassenraum holte sie einen Umschlag aus der Tasche ihres Nichtmagierkostüms und legte ihn Julius hin.

"So, jetzt ist alles klar. Lies dir das hier durch und unterschreibe dann auf dem Vergleichsdokument!"

Julius nahm die Pergamentseiten und las, daß seine Eltern unter dem Vorbehalt, daß sein Jahresabschlußzeugnis mit einem Notendurchschnitt von mindestens 2,0 ausfallen sollte, die Finanzierung des nächsten Schuljahres per Goldkauf und -verkauf über Gringotts geregelt werden sollte. Außerdem erhalte er ein Taschengeld von 3 Galleonen in Monat, die er vor Schuljahresbeginn bei Gringotts abholen könne. Seine Eltern hätten bereits ein Verlies dort einrichten lassen, um für zwei Jahre Taschengeld zu deponieren. Bei der Abholung sollte er eine Quittung unterschreiben, die seinen Eltern zugeschickt würde. Daneben lag noch ein Computerausdruck, der von seinen Eltern unterschrieben war. Darauf las er, daß seine Eltern jede sportliche Betätigung guthießen, die von der Schule angeboten würde.

"Das war das härteste Stück Arbeit", meinte Cynthia, als sie sah, wie Julius das Schreiben studierte.

"Ich kann mir denken, wo der Haken war. Meine Eltern haben Angst, daß die gute Krankenversicherung nicht zahlen würde, wenn mir was passiert. Wer würde auch schon glauben, daß ich vielleicht von einem Besen gefallen sei."

"Ich konnte ihm verbindlich versichern, daß unsere Schulkrankenschwester im Preis enthalten sei und bisher noch jeden in kürzester Zeit wieder in ordnung gebracht hätte. Aber das dauerte. Ich mußte damit argumentieren, daß du durch ein Verbot in allen sozialen Belangen zurückgestellt würdest und dies schädlich für deine Ausbildung auch in den von deinen Eltern erbetenen Wissenschaften sei. Außerdem wurde es Nacht und ich konnte die Diskussion damit zu ende bringen, daß ich androhte, bei ihnen zu übernachten."

"Und das hat gezogen?" Wollte Julius wissen.

"Mmmhmm! Deine Eltern haben nicht gerne Hexenbesuch. Alles in allem kannst du nun mit voller Zustimmung deiner Eltern an allen Schul- und Freizeitaktivitäten teilnehmen, die in deiner Klasse angeboten und zugelassen sind. Madame Hooch war darüber sehr erfreut. Jetzt unterschreib noch das Vergleichsblatt für Gringotts, damit die Kobolde dir das Geld aushändigen können, daß du für die Schulsachen und dein Taschengeld benötigst!"

Julius fand das Formblatt und unterschrieb in der Spalte, die für den späteren Vergleich der Unterschriften vorgesehen war. Dann gab er Cynthia die Papiere und Pergamente zurück und bedankte sich für ihre Vermittlungsarbeit. Sie meinte dazu nur:

"Das ist mein Job. Dafür arbeite ich hier. Du bist dieses Jahr einer von vier Kindern aus Nichtzaubererfamilien. Doch ich muß es leider sagen, daß deine Eltern mit Abstand die schwierigsten waren, die mir unterkamen, seitdem ich hier arbeite."

Julius nahm diese Meinung zur Kenntnis und verließ das leere Klassenzimmer wieder.

Die Woche zwischen Halloween und dem ersten Quidditchmatch war an und für sich routine. Die einzige Ausnahme war, daß Snape den Unterricht in Verteidigung gegen die dunklen Künste für den Kranken Professor Lupin abhielt. Snape wirkte so, als müsse er nachholen, was sein Kollege Lupin versäumt hatte. Zielgenau suchte er sich Julius Andrews aus, wenn er Fragen stellte. Offenbar lag ihm etwas daran, zu beweisen, daß der Muggelgeborene nicht überall so gut wie in Snapes Zaubertrankstunden sein konnte. Doch Julius konnte die meisten Fragen beantworten. Als er gefragt wurde, was er über Werwölfe wisse, ratterte er herunter:

"Werwölfe oder Lykanthropen sind Menschen, die darunter leiden, daß sie in den Vollmondnächten vom Menschen zum Wolf werden, der dann eine Gefahr für alle Menschen seiner Umgebung ist. Die Krankheit überträgt sich durch den Biß eines Werwolfs in Wolfsgestalt und wirkt dann auf den Infizierten. Angeblich soll Silber das einzige Mittel sein, das Werwölfe töten kann."

"Dieses Wissen ist noch nicht ganz vollständig", erwiderte Snape, der nicht wußte, wie er Julius nun bloßstellen sollte, da das meiste, was er gesagt hatte, im Buch über die dunklen Künste drinstand. "Das mit dem Silber ist zwar das Mittel aber nicht einfach so. Die Muggel wissen das natürlich nicht, zumal sie selbst keine echten Werwölfe mehr zu sehen bekamen, seit wann?"

"Keine Ahnung", mußte Julius zugeben. Snape hatte ihn diesmal erwischt.

"Dann bessern Sie Ihr Wissen auf, Andrews. Es könnte sich für Sie und auch für alle anderen als lebensrettend erweisen, wenn Sie über Werwölfe so viel wie möglich wissen. Und um Ihnen dazu einen Anreiz zu geben, schreiben Sie mir bis zur nächsten Stunde einen Aufsatz über Werwölfe, woran man sie erkennen kann und wie sie zu töten sind. Und Andrews: Für diese Unverfrorenheit, mir Muggelwissen als verbindliches Wissen zu verkaufen ziehe ich Ravenclaw fünf Punkte ab."

"Den hat wohl selbst einmal ein Werwolf gebissen", zischte Kevin, nachdem sie aus dem Unterricht gekommen waren.

"Ich habe bis jetzt immer geglaubt, Werwölfe existierten nur im Horrorroman. Da können die mit Silbergeschossen getötet werden", meinte Julius, der sich von dem Punktabzug ablenken wollte.

"Ja, weil in der Astrologie Silber das Metall des Mondes ist und die Kraft des Vollmondes die Werwandlung bewirkt. Allerdings kommen da noch andere Sachen hinzu, um Werwölfe töten zu können. So muß Silber, daß so verwendet wird mit besonderen Mineralien wie Mondstein und Schattenquarz zusammen in einem Ofen geschmolzen werden, der nur mit Holz oder Holzkohle von Buchen beheizt werden darf. Die Muggel wußten das nicht alles. Das führte nicht nur zu Unfällen mit Werwölfen, sondern auch zu der immer größer werdenden Abneigung gegen magische Geschöpfe und eine immer heftigere Verbreitung von falschen Angaben zur Verwendung von Zaubern, die Muggel sowieso nicht hätten anwenden können. Echte Zauberer und Hexen haben damals versucht, diese Irrtümer zu korrigieren. Das Ergebnis war die große Hexenverfolgung im ausgehenden Mittelalter", erläuterte Gloria Porter.

"Achso. Steht das im Geschichtsbuch der Zauberei?" Wollte Julius wissen.

"Nicht im Schulbuch selbst. Es steht in einem dicken Wälzer, "Katastrophen und Mißverständnisse bei Zauberer-Muggel-Kontakten"" von Eleonore York. Kann ich nur empfehlen. Bestimmt kommst du dann auch endlich dahinter, daß unsere Geschichte auch für heutige Zeiten wichtig ist."

"Ich lese außer den Sachen, die ich unbedingt lesen muß nur Sachen, mit denen ich praktisch was machen kann, Gloria. Das solltest du mittlerweile wissen", Gab Julius genervt zur Antwort.

"Wieso hat er uns eigentlich über Werwölfe ausgefragt? Will Snape damit andeuten, daß er uns demnächst mit einem echten Werwolf konfrontieren will? Immerhin haben wir ja im Moment Vollmond", bemerkte Julius nach einer halben Minute des Schweigens.

"Vielleicht wollte Snape dir nur vorhalten, wie unvollkommen deine Wissensgrundlagen sind. Da er das bei den Zaubertränken nicht mehr so einfach schafft, war das natürlich die Gelegenheit", erkannte Gloria.

"Würde mich nicht wundern, wenn er allen, denen er diese Woche noch Verteidigung gegen die dunklen Künste gibt, mit Werwölfen kommt", meinte Kevin Malone, der noch darüber pickiert war, daß Snape Lupin vertreten hatte. Denn er hatte im Rahmen des Programms "Schildere die dunklen Wesen deiner Heimat" einen ausführlichen Artiekel über Todesfeen verfaßt, mit historischen Daten.

"Jetzt muß ich diesen verdammten Werwolfaufsatz schreiben. Hoffentlich ist Lupin nächste woche wieder gesund", fluchte Kevin noch.

In der Woche von Halloween bis zum ersten Quidditchmatch verschlechterte sich das Wetter zusehens. Es stürmte heftig und peitschte große Mengen Regen gegen die großen Fenster des Schlosses. Außer in den Kerkern, wo unter anderem Zaubertränke bei Snape stattfanden, war nirgendwo in Hogwarts Ruhe vor dem Sturm. Julius fragte sich, wie man bei diesem Wetter überhaupt ein Spiel austragen sollte. Er unterhielt sich mit Kevin Malone darüber.

"Ich habe in einem Buch über berühmte Spiele gelesen, daß ein Spiel 1823 bei einem Orkan stattgefunden hat. Die Belfast Bumblebees haben gegen die Dublin Daggers 530 zu 390 gewonnen. Das Spiel dauerte einen halben Tag. Die Spieler mußten danach alle von den Ärzten versorgt werden. Die sagen ein Quidditchspiel nicht ab, nur weil es stürmt."

"Oha! Fußball würde bei Sturm schon nicht mehr gespielt", stellte Julius fest. Kevin grinste darüber nur. Offenbar empfand er diese Antwort als Bestätigung dafür, daß Quidditch eben doch besser und härter war als der Muggelsport.

"Vielleicht kriegen wir bis zum Samstag ja noch besseres Wetter", hoffte der Sohn eines Forschungsdirektors.

"Im November ist das nie so sicher", warf Kevin ein.

Das Wetter änderte sich nicht. Bei schwerem Sturm und Regen fanden sich am Samstag nach Halloween die Schülerinnen und Schüler von Hogwarts auf den Tribünen des Quidditchfeldes ein. Sie hatten ihre Umhänge über die Köpfe gezogen, um so etwas weniger durchnäßt zu werden. Julius, der von Zuhause einen Regenschirm mitgenommen hatte, schaffte es, Gloria und Gilda darunter zu bringen, als sie sich in einer der mittleren Reihen niederließen. Sie sahen die Hufflepuff-fahnen mit dem Dachs auf kanariengelbem Hintergrund und die roten Fahnen mit dem Löwen, das Zeichen der Gryffindors.

"Prrr! Das ist doch kein Wetter!" Schimpfte ein Mädchen hinter Julius. Er drehte sich um und sah Betty Hollingsworth, die mit ihrer Schwester und vier anderen Hufflepuffs versuchte, unter einem großen Regenschirm mit zwei Griffen zu bleiben.

"Sei froh, daß du nicht fliegen mußt!" Trällerte Kevin Malone, der mit Fredo Gillers und Eric Bosetzky in der selben Reihe mit den Hollingsworth-Schwestern saß. Dann meinte er zu Julius:

"Heute erlebst du endlich anständigen Sport, Julius."

"Das werden wir sehen!" Rief Julius zurück.

Als Madame Hooch, die Schiedsrichterin, auf den Startplatz trat, riefen die Hufflepuffs laut "Diggory!" Die Gryffindors riefen "Wood!" Aus den Reihen, in denen hauptsächlich Slytherins saßen, kamen Buhrufe, als die Gryffindor-Mannschaft auftrat. Julius fielen vor allem die rothaarigen Weasley-Zwillinge und der schwarzhaarige Harry Potter auf, der bemüht war, durch seine Brille noch etwas zu erkennen, so stark regnete es.

Auf die Aufforderung Madame Hoochs hin schüttelten sich die beiden Mannschaftskapitäne die Hände. Dann bestiegen die Mannschaften die Besen. Ein Pfiff der Schiedsrichterin, und los ging's.

Julius mußte bereits in den ersten Minuten anerkennen, daß er sich gründlich geirrt hatte. Sicher, im Sturm konnten die Mannschaften nicht so gut manövrieren, um wahre Kunstflüge zu zeigen. Doch langweilig war das Spiel wirklich nicht. Er sah, wie die Weasleys mit ihren Schlägern die aggressiven schwarzen Bälle, die Klatscher, immer wieder von ihrer eigenen Mannschaft weghauen mußten, damit sie nicht die Jägerinnen der Gryffindors von den Besen hieben. Alicia Spinnet erzielte das erste Tor für Gryffindor. Der Stadionsprecher Lee Jordan jubelte, als der große rote Ball durch den mittleren Torring schwirrte. Julius sah nach oben und entdeckte die beiden Sucher, Harry Potter in seinem roten Umhang und den Sucher der Hufflepuffs, der bemüht war, sich auf dem Besen zu halten.

"Potter kann nichts sehen", stellte Gloria fest. "Die Brille von dem muß doch total beschlagen sein."

"Au, das hätte den Typen von den Hufflepuffs gerade fast vom Besen gehauen", bemerkte Julius, als einer der Klatscher mit mörderischer Geschwindigkeit auf einen der Jäger der Hufflepuffs zuschoß. Diesem blieb dabei nur die Möglichkeit, den Quaffel loszulassen und sich mit einer Seitwärtsrolle aus der Flugbahn des schwarzen Balls zu retten. So gelangte der rote Spielball wieder in Gryffindor-Besitz und landete keine Minute später im Tor von Hufflepuff.

Als die ersten Gewitterblitze zuckten, führte Gryffindor mit 50 Punkten Vorsprung vor Hufflepuff. Das Spiel war trotz des Sturmes und des aufgezogenen Gewitters nicht unterbrochen worden. Zwischendurch streiften Spieler der einen oder anderen Mannschaft den schlammigen Boden mit den Schweifen ihrer Rennbesen. Dann winkte Wood der Schiedsrichterin. Diese Pfiff laut. Alle Spieler landeten. Wood mußte nach oben, um Harry Potter herunterzuwinken.

"Wenn die den Schnatz nicht bald kriegen, fällt einer noch vom Besen, ohne bedrängt zu werden", meinte Gloria, als die Mannschaften vollzählig auf dem Boden waren.

"Ich stelle fest, daß wir mit unseren Fußball-Stars echte Weicheier gekauft haben", meinte Julius. Gilda fragte:

"Wieso, spielen die nur bei Sonnenschein?"

"Bei manchen habe ich den Eindruck, daß die das im Vertrag stehen haben", erwiderte Julius Andrews grinsend und sah, wie Hermine Granger, das braunhaarige Gryffindor-Mädchen, daß angeblich alle Bücher der Bibliothek auslesen wollte, mit ihrem Zauberstab an Harrys Brille tippte und sie ihm wieder zurückgab.

"Hups! Natürlich, der Abweisungszauber. Jetzt sollte Harry besser sehen können", bemerkte Gloria, die bereits einige Zaubersprüche kannte, die noch nicht im Zauberkunstunterricht drangekommen waren.

"Was? Achso, einen Wasserabweisungszauber", verstand Julius.

Als die Spieler wieder in der Luft waren, tobte der Sturm immer heftiger. Donnergrollen rollte nach jedem grellen Blitz über das Stadion hinweg. Julius wußte nicht, wie es die Mannschaften überhaupt schafften, sich so zu halten, geschweige denn überhaupt noch Punkte zu erzielen. Er sah abwechselnd zu den Jägern der beiden Mannschaften, die versuchten, sich den großen roten Quaffel abzujagen und zu den Suchern, die über dem Spielgeschehen kreisten und Ausschau nach einem kleinen goldenen Ball mit vier Flügeln hielten. In einem grellen Blitz sah Julius den gesuchten Schnatz aufblinken. Diggory, der Sucher von Hufflepuff, mußte ihn in diesem Moment auch erkannt haben, während Potter noch in einer Richtung weiterflog.

"Ja, Cedric!" Riefen die Hollingsworth-Schwestern über das Brausen des Sturmes hinweg. Sie klatschten bereits in die Hände, als Harry seinen Nimbus 2000 herumriß und in höllischem Tempo auf den Schnatz zuraste.

"Seltsam", hörte Julius Gloria sagen. "Mein Stimmungsfarbring verdunkelt sich."

Julius riskierte es, kurz auf den Zauberring zu sehen, den Gloria an ihrer linken Hand trug. Zu beginn des Spiels hatte er eine weißgoldene Färbung gezeigt, was für gespannte Erwartung sprach. Jetzt wurde er immer dunkler, von orangerot zu dunkelrot.

"Ich denke, der zeigt deine Stimmung an", meinte Julius.

"Ich fühle mich auch nicht so schlecht. Aber ..."

Unvermittelt hielten alle Stadionbesucher den Mund. Denn mit einem Mal wurde es kälter. Hunderte vermummter Gestalten traten auf das Quidditchfeld und sahen nach oben: Dementoren!

Keiner sagte etwas. Die Spieler reagierten nicht sofort auf die unheimlichen Wesen, sondern setzten ihre Partie fort. Harry Potter und Cedric Diggory rasten immer noch auf den Schnatz zu, als Harry immer unkontrollierter flog. Es schien, als sei er von einem Betäubungsgas eingenebelt worden, dachte Julius. Denn der Sucher der Gryffindors machte einen immer abwesenderen Eindruck, und dann verlor er die Kontrolle über sich und den Besen. Mit schreckgeweiteten augen sahen die Stadionbesucher, wie der schwarzhaarige Junge mit den hellgrünen Augen und der Blitznarbe auf der Stirn von seinem Nimbus herunterglitt und abstürzte. Julius sah Dumbledore, der mit wutgerötetem Gesicht von einem Logensitz aufsprang, seinen Zauberstab schwang und etwas in den Sturm hinausrief. Der Fall Harrys wurde zwar gebremst, doch zu spät, um ihn noch weich landen zu lassen. Mit dumpfen Schlag prallte sein Körper auf den schlammigen Boden und blieb reglos liegen. Dumbledore drehte sich den Dementoren entgegen und schrie eine für alle unhörbare Zauberformel hinaus. Silberne Lichtbündel schossen aus dem Zauberstab und rasten auf die Dementoren zu. Die Horrorgestalten aus Askaban verharrten in ihren Bewegungen und wichen zurück. Sie verließen merkwürdig gleitend das Stadion und zogen sich zurück. Die Kälte und Antriebslosigkeit wich von den Zuschauern. Dumbledore eilte auf das Spielfeld, beschwor eine Trage herauf, auf die Harrys bewußtloser Körper gehoben wurde. Dann eilte er, die Trage neben sich schwebend, zum Schloß hinauf.

Die Spieler, die noch in der Luft waren, hatten davon nicht viel mitbekommen. Denn gerade versuchte eine Jägerin der Gryffindors, sich den roten Quaffel zu ergattern, während Cedric, der immer noch dem Schnatz nachjagte, gerade um einen der Torringe herumzirkelte und dabei den kleinen goldenen Ball zu fassen bekam. Triumphierend hielt er ihn hoch. Ein langer Pfiff von Madame Hooch beendete das Match. Verhaltener Jubel bei den Hufflepuffs brach aus. Viele schwiegen, weil sie das Spiel nicht für fair hielten, wenn ein Spieler aus unerfindlichen Gründen abstürzte. Cedrics freudestrahlendes Gesicht wurde bleich, als ihm ein Zuschauer sagte, daß Potter abgestürzt war. Er flog mit dem Schnatz zu Madame Hooch, wild gestikulierend. Madame Hooch schüttelte den Kopf, nachdem sie die Professoren McGonagall und Sprout angesehen hatte.

"Cedric will den Sieg für ungültig erklären lassen", vermutete Julius, der sowas schon mal bei einem Schulfußballspiel gesehen hatte, bei dem ein Torhüter unglücklich von einem Ball getroffen worden war.

"Du siehst es doch. Die Leute da wollen das nicht. McGonagall sieht ein, daß Hufflepuff gewonnen hat. Aber wieso kamen diese Dementoren ausgerechnet jetzt ins Stadion?" Erwiderte Gloria.

"Auf jeden Fall haben sie Harry Potter zum Absturz gebracht. Der Junge scheint von ihnen heftiger betroffen zu sein, als wir", bemerkte Gilda Fletcher. Die Hollingsworth-Schwestern murmelten nur unverständliche Worte, die zwischen Begeisterung und Unbehagen lagen.

"Den Sturz kann der nicht überlebt haben", wandte Julius sehr betroffen klingend ein.

"Doch, Julius. Er hat sich noch kurz bewegt, als Dumbledore ihn auf die Trage gezaubert hat. Madame Pomfrey soll eine gute Krankenschwester sein. Die kann selbst schwere Knochenbrüche in Minuten heilen", wandte Gloria ein.

"Dann weiß ich nicht, wieso dieser Kronprinz Draco Malfoy sich so anstellt. Wohl zu faul zum arbeiten", gab Kevin trocken zurück.

"Das Spiel endete 160 zu 60 für Hufflepuff. Kapitän Diggory wollte zwar das Spielergebnis für ungültig erklären lassen, da der Sucher der Gryffindors abstürzte, doch das widerspricht den Regeln.Professor Dumbledore läßt Ihnen allen mitteilen, daß Madame Pomfrey Harry Potter bereits vor schlimmerem bewahrt hat und er innerhalb weniger Tage wieder am Unterricht teilnehmen wird. Was den Aufmarsch der Wachen von Askaban angeht, so muß noch geklärt werden, weshalb sie gegen Professor Dumbledores Anordnung das Schulgelände betreten haben. Bitte kehren Sie alle in Ihre Häuser zurück!" Verkündete Professor McGonagall, die sich von Lee Jordan das magische Megaphon genommen hatte.

"Kommt, leute! Die Schau ist vorbei", fügte Kevin Malone der Abschlußankündigung der Verwandlungslehrerin hinzu.

"Was macht ihr jetzt?" Fragte Julius Betty Hollingsworth.

"Wir freuen uns über den Sieg, aber feiern ihn nicht. So kann man doch nicht gewinnen", sagte sie.

Als die Zuschauer wieder in ihre Häuser zurückgekehrt waren, trat Cho, die Sucherin der Ravenclaws an Julius heran und lächelte.

"Na, findest du Quidditch immer noch langweilig?" Wollte sie wissen. Julius schüttelte entschieden den Kopf und sagte:

"Habe ich das behauptet? Hmm, muß wohl in einem anderen Leben gewesen sein."

"Das ist ja wunderbar. Übrigens in zwei Wochen spielen wir gegen die Hufflepuffs. Du wirst mich doch anfeuern, oder?"

"Wenn mir bis dahin nichts zustößt", erwiderte Julius frech und grinste gemein.

Am Abend schrieb Julius einen Brief an Aurora Dawn und berichtete vom Match.

Hallo, Ms. Dawn!

Heute habe ich das erste richtige Quidditchmatch sehen dürfen. Es hat gestürmt wie die Hölle, und ich dachte erst, daß das Spiel abgebrochen werden würde. Die Spielzüge waren toll. Immer wieder versuchten die Jäger der einen oder anderen Seite, den Quaffel durch das Tor der anderen zu schießen, ohne dabei von diesen schwarzen Klatschern vom Besen gehauen zu werden. Auf jeden Fall war es spannender als ein Fußballspiel.

Leider ist der Sucher der Gryffindors bei seinem Versuch, den Schnatz zu kriegen, abgestürzt. Warum das so ist, wissen wir nicht. Ihm geht's aber soweit gut, daß er bald wieder in die Schule kommen kann. Kurz nach dem Absturz hat der Sucher der Hufflepuffs den Schnatz gefangen. Hufflepuff gewann gegen Gryffindor mit 160 zu 60 Punkten.

Ich nehme das alles zurück, was ich über Quidditch gesagt habe. Das war ja doch nicht so ernst gemeint. In zwei Wochen spielen wir gegen Hufflepuff.

Ich hoffe Ihnen geht es gut.

viele Grüße

Julius Andrews

Julius hatte es nicht gewagt, von den Dementoren zu schreiben. Er wußte nicht, ob der Brief nicht von ihnen gelesen würde, bevor er Aurora Dawn erreichte. Er wollte bloß keinen Ärger mit diesen Wesen kriegen.

Am nächsten Tag lieh er sich einen Steinkauz der Schule aus, um den Brief zu befördern. Als er die Eulerei wieder verließ, traf er Hermine Granger, die ebenfalls einen Brief verschicken wollte.

"Hallo, Julius", begrüßte die Drittklässlerin mit dem ungewöhnlichen Lerneifer den neuen Schüler. Dieser erwiderte den Gruß und fragte:

"Wie geht's Harry, eurem Sucher?"

"Dem geht's soweit wieder gut, körperlich. Aber wir wissen nicht, was ihn hat abstürzen lassen. Diese verdammten Dementoren", erwiderte Hermine Granger und mußte sich sehr beherrschen, nicht zu weinen.

"Was sagt denn euere Hauslehrerin? Wweiß sie, wie das möglich ist, daß diese Monster ihn zum Absturz bringen konnten?"

"Also, ich will ihr nichts unterstellen. Aber ich denke, sie würde es uns nicht sagen, wenn sie es wüßte, damit wir nicht in Panik geraten. Ich selbst denke, daß sie irgendwie auf ihn besonders heftig wirken. Lupin hat sowas angedeutet, daß sie Glücksgefühle aussaugen."

"Das habe ich auch gehört. Ein paar Klassenkameraden von mir haben sich von ihren Verwandten von den Dementoren erzählen lassen. Ich habe auch schon in der Bibliothek gesucht, ob's was über sie gibt. Aber ich fand nichts."

"Ich habe auch schon gesucht. Als Harry im Zug hierher Probleme hatte, habe ich sofort alles über sie gesucht. Aber in der erlaubten Abteilung gibt es nichts", erwiderte Hermine Granger.

"Ja, und in die verbotene Abteilung lassen sie keinen rein. Kevin und ich haben das mal versucht. Die Tante von der Bibliothek hat uns sehr schnell erwischt und weggescheucht."

"Du brauchst eine Erlaubnis von einem Lehrer, aber nur dann, wenn du auch weißt, welches Buch du lesen willst."

"Diese Madame Pince hat mich doch schon komisch angeguckt, als ich mir das Buch "Interaktionen der magischen Energie" von Clyde Partridge ausgeliehen habe."

"Dieses Buch über Magie und Alttagsphysik? Warum liest du denn sowas schon?"

"Weil mich interessiert, warum ich Muggelkind mit Magie durch die Gegend schieße, als wenn meine Eltern die absoluten Megazauberer wären."

"Hast du das Buch schon wieder zurückgebracht?" Wollte Hermine wissen.

"Ich bin gestern erst damit durchgekommen. Wenn du es lesen willst, ich bring's morgen wieder zurück."

"Vielleicht lese ich den noch, wenn ich mit "Angewandte Arithmantik" von Caroline Sinus durchbin. Könnte eine interessante Ergänzungslektüre sein."

"Arithmantik? Ist das interessant?"

"Eines der logischsten Fächer, die ich habe. Professor Vector ist eine sehr gute Lehrerin. Anders als diese Nebelhexe Trelawney, die Wahrsagen gibt."

"Also, daß dieses Fach hier unterrichtet wird, muß ich ja hinnehmen. Aber trotz allem, was ich bis jetzt erlebt habe, ist das wirklich Humbug. Wenn ich heute weiß, daß ich morgen einen Unfall haben werde, gucke ich doch, daß ich ihn verhindern kann. Also tritt er nicht ein, und er kann nicht vorhergesagt werden. Oder was glaubst du?"

"Der Meinung bin ich mittlerweile auch. Ich muß sogar feststellen, daß diese Professor Trelawney soviel Hokuspokus veranstaltet, wie eine Muggelwahrsagerin auf einem Jahrmarkt. Hängt bestimmt auch viel Beobachtungsgabe dran."

"So wie bei Sherlock Holmes", wandte Julius ein. "Der konnte auch allen ansehen, was sie gerade gemacht haben. Paps sagt, daß die meisten Wahrsager so arbeiten. Andere machen Aussagen, die nicht eindeutig rüberkommen und so wahrscheinlich sind, wie das Wissen, daß jemand morgens aufsteht"

Julius lächelte, als Hermine darüber lachte. Er hatte geglaubt, sich mit der älteren Schülerin nicht so intelligent unterhalten zu können, wie sie es wohl gewohnt war. Dann sagte sie:

"Gut, ich muß jetzt meinen Brief losschicken. Schade, daß ich keine eigene Eule habe. Dafür habe ich jetzt einen großen Kater, Krummbein."

"Wenn ich mit irgendeinem Tier zu Hause ankäme, flippten meine Eltern vollkommen aus. Die können keine Vögel ab, keine Hunde und keine Katzen."

"Ja, aber Eulen sind doch praktisch!" Meinte Hermine überzeugt.

"Für uns. Aber mein Vater sah ziemlich bedröppelt aus, als die Bestätigung von Hogwarts per Waldkauz kam, daß ich mich mit jemandem treffen sollte, um meine Sachen zu kaufen. Vielleicht sieht man sich in der Bibliothek!"

"Kann sein", lächelte Hermine zurück und zeigte ohne Unbehagen ihre vorstehenden Zähne. Julius machte sich auf den Weg zurück nach Ravenclaw.

Als er das Gemälde mit Bruce und Maggy erreichte, sah er, wie sich der Kuhhirte mit drei Hexen aus anderen Bildern unterhielt. Er hörte, daß es um die Dementoren ging.

"Diese Ungeheuer bringen uns völlig durcheinander. Und dann noch dieser Black. Cadogan ist doch lebensmüde, wenn er Gryffindor bewacht", meinte eine schwarzhaarige Hexe, die von einem Gemälde gekommen war, auf dem ein Zaubererflohmarkt dargestellt war und das laut Betty auf dem Weg nach Hufflepuff hing.

"Mir sind die doch schnuppe", meinte Bruce und zog an seinem leicht verrutschten Hut. "Das dumme ist nur, daß meine Maggy ausreißt, wenn sie von einem Dementor auch nur schief angeguckt wird. Ich habe keine Lust, immer durch die ganze Galerie zu rennen. Mußte mich schon einmal beim Schulleiter von 1835 entschuldigen, weil sie ihn aus seinem Schaukelstuhl geschmissen hat, als ich dieses Gewitter hier hatte."

"Mare Tranquillitatis!" Gab Julius das Passwort durch. Maggy quittierte seine Einmischung mit einem verärgerten Muhen.

"Mann, siehst du nicht, daß ich mich hier gerade unterhalte. Habt ihr keinen Respekt vor unsereinem?" Blaffte Bruce den Jungen an. Und zu seinem Verdruß schoß auch noch eine junge Hexe in blauem Ravenclaw-Umhang von rechts oben her ins Bild und schwang sich über Maggy in eine andere Flugrichtung, wobei ihre langen schwarzen Haare im Fahrtwind wehten.

"Ich habe dich gesucht, Julius. Bei deiner kleinen Rowena-Kopie war ich schon. Sie war nicht besonders begeistert, weil ihr Bild zu klein für mich war. Ich habe gehört, daß du dir das erste Quidditchmatch angesehen hast. Findest du es immer noch langweilig?"

"Nur, wenn sich gemalte Spieler messen. In echt ist das spannender als alles andere, Aurora", meinte Julius. Maggy, die sich mit der über ihr herumschwirrenden Junghexe nicht abfinden konnte, brüllte laut, schwang herum und rannte aus dem Bild. Bruce stieß einen derben Fluch aus und hetzte ihr nach. Sein wütendes Geschrei war selbst noch zu hören, als er schon aus dem Bild gelaufen war.

"Finden Sie das etwa komisch?" Empörte sich eine nobelgekleidete Hexe, als Aurora Dawn auf dem Rennbesen und Julius vor dem Gemälde laut lachten.

"Eigentlich nicht. Ich muß rein. Meine Freunde warten auf mich", lachte Julius.

Als Bruce immer noch schimpfend mit Maggy zurückkehrte, sagte Aurora:

"Die anderen alten Mannschaften wollen, daß du dich bei ihnen entschuldigst. Versuch in den nächsten Tagen, bei Madame Hooch ins Büro zu kommen!"

"Sonst passiert was?" Wollte Julius wissen und grinste gemein.

"Sonst kommen wir jeden abend zu dir in den Schlafsaal und lassen dich nicht schlafen. Das hältst du keine Woche durch."

"Okay, Aurora. Aber nur, wenn die grünen Spieler das Schlammblut zurücknehmen", erklärte sich Julius einverstanden.

"Hooo! Das ist doch wohl nicht wahr", empörte sich die nobelgekleidete Hexe. "Ich verstehe diese Fluglehrerin nicht, daß sie diese Slytherin-Spieler überhaupt in ihrem Büro duldet."

"Willst du jetzt rein, du frecher Bursche?" Mischte sich Bruce mit genervt klingender Stimme ein. Julius nickte und sah, wie der Kuhhirte mit dem Gemälde zur Seite schwang, was die Aurora Dawn von 1982 aus dem Bild rutschen ließ.

"Hat dieser Cowboy dich schon wieder nicht reingelassen", begrüßten Julius Kevin und Fredo.

"Ach komm, hör auf! Wenn ich mich nicht innerhalb einer Woche bei den gemalten Quidditchmannschaften in Madame Hoochs Büro dafür entschuldige, ihr Spiel langweilig genannt zu haben, schlafen wir alle nicht mehr ruhig. Es sei denn, ich verbrenne dieses Miniportrait. Aber das dürfte eine Totsünde sein", erwiderte Julius.

Gloria kam mit Julius' Buch über die Grundlagen der anorganischen Chemie aus einer ruhigen Ecke des Gemeinschaftsraumes.

"Klingt alles sehr interessant und logisch. Aber irgendwie scheinen mir die Muggelwissenschaftler zu sehr auf reproduzierbare Ergebnisse wert zu legen. Sie experimentieren nicht gerne unter verschiedenen Bedingungen."

"So kannst du das nicht sagen, Gloria. Man versucht nur, immer nachzuprüfen, woran etwas liegt und schafft ständig die gleichen Bedingungen."

"Aber es war auf jeden Fall nett, daß du mir mal das Buch geliehen hast. Jetzt weiß ich zumindest, wie man Kochsalz macht. Könnte mal wichtig werden."

"Nur wenn du die beiden Bestandteile kriegst. Dazu mußt du viele Stoffe zerlegen, um dranzukommen."

"Salz kann man doch einfach mit dem Multiplicus-Zauber vermehren", meinte eine Schülerin der fünften Klasse, die als Hobbyköchin berühmt war.

"Wie geht der? Ich würde gerne meine Galleonen verzehnfachen", meinte Kevin aufgeregt. Jessica Harris, die Fünftklässlerin, lachte laut.

"Jaja, hättest du gerne. Aber ich muß dich enttäuschen. Der Zauber geht nur bei nichtmetallischen Objekten. Und, damit du nicht so gierig wirst, Julius Andrews, Muggelgeld zu vermehren ist fast genauso strafbar, wie die unverzeihlichen Flüche."

"Die was?" Fragten Gloria und Julius. Jessica räusperte sich und lief leicht rosa an, als habe sie gerade unfreiwillig ein Geheimnis ausgeplaudert.

"Das braucht ihr jetzt noch nicht zu wissen." Julius erinnerte diese Reaktion an seine Eltern, als er sie gefragt hatte, wie er entstanden war. Genauso hatten sie geguckt und geantwortet.

"Ach, das kann man nachlesen. In einem Buch stehen sie erwähnt, habe ich gesehen. Da steht auch drin, daß man dafür in Askaban eingesperrt wird, wenn man sie verwendet."

"Sag dem bloß nicht, in welchem Buch die stehen, Gloria. Der bringt das noch fertig und probiert die aus und schafft sie auch noch", warf Dustin McMillan ein, der gerade aus dem Jungenschlafsaal für Sechstklässler kam. "Ich habe von McGonagall gehört, daß der Teufelskerl hier fast ohne Worte zaubern kann."

"Gehört da dieser Todesfluch zu, mit dem Voldemort Harry Potter angegriffen hat?" Fragte Julius. Außer Gloria zuckten alle zusammen.

"Mann, langsam solltest du wissen, daß man seinen Namen nicht laut ausspricht", zeterte Kevin.

"Dann nenne ich ihn eben demnächst Atombombe. Das kommt für mich aufs gleiche raus, wie für euch der Name dieses Hexers."

"Häh?" Machte Dustin, der offenbar noch nichts von den schrecklichsten Waffen der Muggelwelt gehört hatte.

"Eine Supersprengwaffe der Muggel. Sie zerstört ganze Städte und hinterläßt eine tödliche Strahlung, wie einen Fluch", wußte Gloria, die durch Blickkontakt Julius angezeigt hatte, daß sie die Antwort geben wollte.

"Achso", antwortete Dustin gelangweilt, als habe er eben nur einen Modetrend erzählt bekommen.

In der nächsten Woche schaffte es Julius, sich bei den Bildern der alten Quidditchmannschaften in Madame Hoochs Büro zu entschuldigen und betonte, daß er sich geirrt habe. Allerdings verlangte er von den Slytherins, daß sie das Schlammblut zurücknahmen. Diese grinsten ihn nur abfällig an. Als Madame Hooch jedoch damit drohte, sie von den Wänden zu nehmen und ein Jahr lang in einer Kommode einzuschließen, mußten sie sich doch dazu herablassen, sich bei dem Muggel für die schlimmste aller Beleidigungen in der Zaubererwelt zu entschuldigen.

Die nächsten zwei Wochen vergingen fast wie im Flug. Der Alltag hatte die Ravenclaws wieder voll eingeholt. Meistens sah man sie mit Büchern in der Bibliothek oder in ihrem Gemeinschaftsraum sitzen. Gloria und Julius wollten zwar mal wieder Schach spielen, doch die kleinen Schachmenschen verübelten es Gloria immer noch, daß sie bei Blacks Einbruch einfach das Spiel zugeklappt hatte und ließen sich auch nicht von Hand auf die Felder setzen, ohne gleich wieder zurückzulaufen. Julius hatte dabei von einem Springer einen Lanzenstoß in den Zeigefinger versetzt bekommen und mußte sich bei Madame Pomfrey eine Sofortheilungstinktur auftragen lassen. Julius hatte gefragt, ob er eine Blutvergiftung kriegen konnte. Madame Pomfrey hatte nur den Kopf geschüttelt und gemeint:

"Immer das gleiche mit euch aus den Muggelfamilien. Ihr mißtraut allem, was schneller wirkt als an einem Tag."

Einen Tag vor dem Spiel Ravenclaw gegen Hufflepuff traf Julius Cho Chang mit ihren Teamkameraden im Gemeinschaftsraum. Sie fragte Julius:

"Na, werden wir gewinnen?"

"Ich habe mit Kevin eine Wette laufen, daß ihr Hufflepuff mit 300 zu 50 niedermacht. Die Hollingsworth-Schwestern aus Hufflepuff halten dagegen, daß ihr nach fünf Minuten mit 0 zu 150 Punkten verliert."

"Lächerlich. Cedric ist zwar gut, aber wir kriegen erst einmal viele Tore durchgebracht, und dann ist Cho die beste Sucherin, die Ravenclaw hatte seit 1986", tönte einer der Jäger aus dem Ravenclaw-Team. "300 Punkte? Das wäre doch was", fügte er nach einer kurzen Denkpause hinzu.

"Dann müßten wir auf jeden Fall 15 Tore schießen", wandte ein anderer Jäger ein.

"Fällst du auch vom Besen, wenn Dementoren kommen?" Fragte Julius unverschämt.

"Erst einmal ist das nicht gerade lustig, so eine Frage zu stellen, Bursche. Zweitens wissen wir nicht, ob es wirklich die Dementoren waren, die Harry Potter vom Besen haben fallen lassen. Malfoy behauptet das nur. Und der sollte sich schön geschlossen halten, weil er im Zug hierher selbst gebibbert und geschluchzt hat, als sie die Abteile durchsucht haben. Drittens dürfen die seit dem Zwischenfall vor zwei Wochen nicht noch mal aufs Spielfeld. Dumbledore hat gewisse Maßnahmen ergriffen, um sie nicht ohne Erlaubnis aufs Gelände kommen zu lassen. Viertens haben wir nicht so übermäßig trainiert, wie die Gryffindors. Wood ist ein Schleifer", belehrte Cho Julius.

"Der ist das letzte Jahr hier, Cho. Der will den Pokal haben, bevor er abgeht", wandte Dustin McMillan ein, der sich bis dahin ruhig an einem Schreibtisch mit seinem Kräuterbuch beschäftigt hatte.

"Na und, ich bin das vorletzte Jahr hier. Wenn Slytherin und Gryffindor das dieses Jahr wieder unter sich ausmachen, kriegen wir den auch nicht. Trotzdem würde ich nicht auf den Knochen meiner Mannschaft trainieren", widersprach Davis, der Kapitän der Ravenclaw-Hausmannschaft.

"Wer von euch beiden hat eigentlich auf 300 zu 50 gewettet?" Fragte Cho Chang. Julius sagte:

"Ich war das. Nachdem ich gesehen habe, wie leicht sich die Hufflepuff-Jäger austricksen lassen, konnte ich mir das erlauben. Kevin geht von 200 zu 160 Punkten für Ravenclaw aus. Er meint, daß der Sturm die Jäger von Hufflepuff zu sehr abgelenkt hätte. Aber das galt ja dann auch für die Gryffindors."

"Wir werden sehen", meinte Dustin.

"Um was habt ihr eigentlich gewettet?" Fragte Terrence Crossley, der offenbar meinte, sich einmischen zu müssen.

"Darum, wer in der Woche danach des anderen Bücher mit zum Unterricht schleppen muß. Nichts ernstes, Herr Vertrauensschüler", sagte Julius ruhig.

"Achso. Geldwetten sind nämlich nicht erlaubt, mußt du wissen. Dafür hätte ich euch Punkte abziehen müssen."

"Das kannst du ja sehr gut", grinste Dustin McMillan gehässig.

"Das kann ich dir gleich beweisen, wenn du nicht dieses gehässige Grinsen aus dem Gesicht nimmst", blaffte Terrence pickiert. Doch diese Drohung brachte nun alle zum grinsen, was, wie Terrence feststellen mußte, Ravenclaw bei einer Respektlosigkeitsstrafe von 5 Punkten pro Person 300 Punkte gekostet hätte. Auf diese Weise hätte er sich höchst unbeliebt gemacht.

Der Samstag des großen Spiels Ravenclaw gegen Hufflepuff war zwar nicht gerade das, was man einen Sonnentag nennen konnte, dennoch hielten sich die Regenwolken zurück, und der Wind war auf eine vertretbare Stärke abgeschwollen. Die Bäume im Umkreis besaßen keine Blätter mehr. Die Tribünen füllten sich. Julius trug mit Kevin eine große blaue Ravenclaw-Fahne. Kevin intonierte ein altes irisches Volkslied, während Julius mit den Füßen den Takt einer londoner Fußballhymne stampfte. Jetzt war er nicht nur Zuschauer, sondern auch Unterstützer einer Mannschaft. Er, Kevin, Gloria, Gilda, Fredo, Marvin und Eric saßen in einer Reihe. Rechts von Julius saßen die Geschwister Hollingsworth, ein gelbes Banner mit dem Hufflepuff-Dachs im Wind schwenkend.

"Dreihundert zu fünfzig", sang Julius laut, so daß die beiden Hufflepuffs, die sich zu dem Banner noch kanariengelbe Schals umgelegt hatten, ihn hören mußten.

"Niemals. Cedric holt den Schnatz in fünf Minuten", ging Betty auf diese Provokation ein. Kevin meinte nur:

"Fünf Minuten, nachdem Cho ihn wieder losgelassen hat höchstens."

"Wovon träumst du nachts, Kevin?" Kam es von Selda Plank, einer Hufflepuff-Viertklässlerin, die eine Reihe hinter den Hollingsworths saß. Kevin machte bereits den Mund auf, um noch was zu entgegnen, als das Kommando kam, die beiden Kapitäne mögen sich begrüßen. Dann erfolgte das Kommando, die Besen zu besteigen. Schließlich schrillte der Anpfiff des Spieles.

Sofort brachen Hufflepuffs und Ravenclaws in Anfeuerungsrufe aus, während der Stadionsprecher, Lee Jordan, kommentierte, die Slytherins in überheblichem Schweigen verharrten und die Gryffindors mit den Ravenclaws jubelten, weil sie sich bei einem Sieg Ravenclaws noch Chancen für den Pokal ausrechneten.

Zunächst war es, so sah es Julius, ein Abtasten, wie er es auch in mancher Fußballpartie gesehen hatte. Offenbar wollten sich die Jäger der beiden Mannschaften nicht sofort in den Kampf stürzen. Als ein Treiber Ravenclaws einen Klatscher auf den hinteren Jäger der Hufflepuffs ablenkte, kam erst Schwung in das Spiel. Zwei Ravenclaw-Jäger ließen sich zurückfallen und paßten sich den großen roten Quaffel gegenseitig zu, immer wieder die Flughöhe wechselnd. Dann schaffte es einer, aus dem Tiefflug heraus den vorderen Jäger anzuspielen, der schon fast vor dem Tor lauerte, und dieser vollendete, nachdem er zwei Hufflepuff-Jäger hatte aussteigen lassen.

"Tooooor! 10 zu 0 für Ravenclaw!" Rief Jordan durch sein Megaphon.Professor Flitwick, eigentlich würdevoll und beharrlich, sprang in die Luft und landete auf seinen Zehenspitzen. Dann setzte er sich wieder hin.

"Den hätten wir als Maskottchen anwerben sollen", flüsterte Julius Kevin zu. Dieser lachte und johlte, als nach einer pyramidenförmigen Dreierkombination der Ravenclaw-Jäger ein Tor von unten her erzielt wurde. Der Ball war per Kopfstoß nach oben und gerade so durch den linken Torring geflutscht, hinter dem Hüter weg.

"Trink Kaffee oder Snapes Hallo-Wach-Gebräu!" Spottete Kevin, als er das verdutzte Gesicht des Hüters sah, während Jordan das zweite Tor für Ravenclaw ausrief.

"Hach, das war doch ein phantastischer Korkenknaller!" Freute sich Kevin. Julius mußte zugeben, daß der Angriff von unten geschickt getarnt worden war. Es hatte so ausgesehen, als wäre dem links außen spielenden Jäger der Ball entfallen.

Hufflepuff packte, so dachte Julius bei sich, die berühmt-berüchtigte Brechstange aus. Der kompakteste Jäger brauste los, tauchte unter einem Klatscher durch und ließ sich den Ball zuspielen. Dabei sauste er fast selbst durch den Torring und wäre beinahe mit dem Hüter der Ravenclaws zusammengestoßen.

Die Taktik wurde zwar noch mal versucht, scheiterte aber daran, daß die Jäger und Treiber nun immer schnelle Quermanöver flogen, um ein Vorpreschen zu behindern. Ein Klatscher, von einem Treiber der Ravenclaws fortgeschlagen, schlug den Quaffel aus der sicher geglaubten Bahn zwischen einem Jäger der Hufflepuffs und seinem Teamkollegen.

Ein Gewaltschuß, fast mit dem Besenstiel geführt, brachte Hufflepuff zwar noch ein Tor ein, doch dafür kassierten die kanariengelben Spieler eine Serie von fünf Treffern in Folge. Das immer, weil sich die Hufflepuff-Jäger schnell aus ihrer Formation treiben ließen. Hinzu kam eine Taktik, daß ein Treiber Geleitschutz für einen schnellen Jäger flog, während sein Kollege darüber wachte, daß Sucher und Hüter nicht von Klatschern belästigt wurden. Einmal tauchte Cho mit ihrem Komet voll durch eine sich schließende Angriffsreihe von Hufflepuff-Jägern und zog ihren Gegner Cedric Diggory hinter sich her, weil der vermeinte, den Schnatz zu jagen. So brach ein erfolgversprechender Angriff Hufflepuffs zusammen und schuf Raum für einen schnellen 3-Stationen-Konter Ravenclaws, wobei die Jäger geschickt in allen drei Dimensionen manövrierten.

"Super, Cedric. Bald hättest du ihn gekriegt!" Kreischte Betty Hollingsworth. Julius schrak zusammen. Dann sagte er zu Kevin:

"Hast du was goldenes gesehen, Kevin? Ich wette, die Cho hat Cedric geschickt hinter sich hergelockt, um den Angriff der Hufflepuffs zu stören. Jäääh!"

Glorias Stimmungsring strahlte weißgolden auf. Sie mußte ihre Hand verbergen, um nicht in den verdacht zu kommen, die Sucher zu irritieren, obwohl der Ring selbst wesentlich kleiner als der Schnatz war.

Hufflepuff brachte es fertig, zwei Tore hintereinander zu schießen. Doch von da an landeten die Ravenclaws einen Treffer nach dem anderen. So stand es nach einer weiteren Viertelstunde bereits 120 zu 40 Punkten. Kevin sah schon etwas bedröppelt drein. Julius dachte, ob sein Wettpartner nicht darüber nachdachte, den Hufflepuffs den Sieg zu gönnen. Wieder flog der Quaffel durch den mittleren Torring, diesmal per schnellem Vorstoß ans Ziel gebracht. Der Hüter der Hufflepuffs mußte sich nun Schmährufe auch aus den Reihen der Hufflepuffs anhören. Doch das Spiel war noch nicht vorbei. Ungefähr eine Stunde war verstrichen, als Julius etwas goldenes durch das Feld flitzen sah. Keine Sekunde später stürzte sich Cedric auf das kleine Objekt, während Cho noch in 20 m Höhe kreiste.

"Gleich haben wir's!" Rief Jenna Hollingsworth. Doch Cedric stieß knapp vorbei, und der Schnatz wirbelte davon, bevor der Sucher der Hufflepuffs ihn wieder anpeilen konnte. So geschah es, daß Ravenclaw noch drei weitere Tore schoß, bevor Cho den Schnatz sichtete. Cedric versuchte zwar, ihr den Weg abzuschneiden, mußte dabei jedoch einem Klatscher ausweichen, der von einem Geleitschutztreiber der Ravenclaw-Jäger abgewehrt worden war. Cho verfolgte den Schnatz bis fast an den Boden und fing ihn mit einer schnellen Handbewegung ein. Madame Hoochs Pfiff kommentierte den erfolgreichen Fang und beendete das Spiel. Ravenclaw gewann mit 310 zu 50 Punkten das Match.

"Ui! Heftig war das", kommentierte Julius. Kevin hob seine Hände und meinte:

"Ich gebe es zu, die Jäger von Hufflepuff sind viel zu leicht einzuschüchtern. Aber das kann doch wohl nicht sein, daß mir jemand, der vor nicht einmal drei Wochen gesagt hat, daß Quidditch langweilig sei, so schnell blickt, wie die Sache läuft."

Hallo, Betty!" Rief Julius freudestrahlend. Doch die Hollingsworth-Schwestern waren mit ihren Hauskameraden schon zum Spielfeld gerannt. Offenbar hatten sie es als willkommene Gelegenheit gesehen, sich vor den Wettschulden zu drücken.

Professor Sprout gratulierte Professor Flitwick und nahm den kleinen Lehrer in ihre Arme. Julius stellte sich mit den anderen Ravenclaws an, um die Hausmannschaft zu beglückwünschen. Dabei sah er auch die Weasley-Zwillinge.

"Und ihr wollt gegen uns gewinnen?" Fragte er.

"Aber sicher doch", tönten Fred und George. "Wir haben den besseren Sucher."

"Hat der denn mittlerweile wieder einen Besen?" Fragte Kevin etwas gehässig.

"Noch nicht. Aber den kriegt er schon, bevor wir gegen euch spielen müssen", erwiderte George.

Als Julius dazu kam, dem Mannschaftskapitän seines Hauses auf die breiten Schultern zu klopfen, sah er kurz hinüber, wo die Slytherins saßen. Er erkannte Malfoy, der hämisch die Sucherin der Ravenclaws anglotzte. Doch da er den Jungen mit dem achso einflußreichen Vater nicht mehr für voll nahm, seitdem feststand, daß er seine Armverletzung wohl wesentlich früher hatte auskurieren können als angegeben, beachtete Julius ihn nur noch, wenn er ihm nicht über den Weg laufen wollte.

"Herzlichen Glückwunsch!" Rief Julius Cho zu und drückte sie flüchtig an sich. Dann sah er Professor Flitwick, der verzweifelt versuchte, sich ebenfalls einen Weg zur siegreichen Mannschaft zu bahnen. Er wich ihm aus und zog sich mit seinen Hausgenossen ins Schloß zurück.

Die Ravenclaws feierten den hohen Sieg im Gemeinschaftsraum, bis um 23.00 Uhr Professor Flitwick hereinkam und mit einem aus dem Zauberstab geschossenen Knallfrosch um Ruhe bat.

"Ich möchte Ihnen sagen, daß ich mich mit Ihnen sehr freue. Aber gemäß der Hausordnung dürfen Sie nicht mehr so laut herumschreien. Und Sie, Mr. Malone und Miss Porter dürfen auch keine Musik mehr machen. Um zwölf Uhr müssen Sie alle in die Betten. Die Vertrauensschüler möchten dafür Sorge tragen, daß nach Mitternacht kein Lärm oder sonstiges Geräusch mehr zu hören ist."

"Alles in Ordnung, Herr Professor", stimmten die Vertrauensschüler der Ravenclaws zu.

Um Mitternacht lagen die Jungen der ersten Klasse in ihren Betten und diskutierten flüsternd die Partie. Julius betrachtete das kleine Bildnis von Rowena Ravenclaw, das sich sehr vergnügt in Pose warf. Da schwirrte die Aurora Dawn aus der Ravenclaw-Mannschaft von 1982 ins kleine Bild. Die Hausgründerin sah sie verärgert an, als sie sich fast auf den Boden legen mußte, während Auroras Besen hinten und vorne aus dem Bild ragte.

"Na, war das heute was?"

"Allerdings. Aber ich weiß nicht, was besser ist. Sucher, Jäger oder Treiber."

"Jäger natürlich. Du kannst Leute austricksen und wunderbare Ballstaffetten machen. Ist fast wie im Muggelfußball."

"Würden Sie bitte die Freundlichkeit besitzen, aus meinem Bild zu verschwinden!" Kam Rowena Ravenclaws Stimme mit drohendem Unterton. "Sie haben doch schon einmal gesehen, daß Sie hier nicht hineinpassen."

"Sehe ich ein. Ich wollte lediglich wissen, woran unser junger Held ist."

"Und, das wissen Sie jetzt. Also husch zurück, wohin Sie gehören!" Befahl die Hausgründerin von Ravenclaw. Aurora Dawns früheres Ich riß den Besen herum, so daß die Spitze noch soeben durch das Bild wischte und verschwand durch den rechten Bildrand.

"Vielleicht sollte ich mit meinem größeren Ebenbild konferieren, daß die Quidditchspieler aus Madame Hoochs Büro ein Besuchsverbot anderer Bilder erhalten. Das hält doch keiner aus", empörte sich Rowena Ravenclaw. Dann sagte sie:

"Und Sie sollten jetzt schlafen. Es ist schon ziemlich spät."

"Aye aye, Mylady", versetzte Julius und erntete Gelächter aus den anderen Betten. Dann drehte er sich um und schlief ein.

ENDE

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